Ehemaliger Richter schreibt Roman / Kritik an Personalpolitik in der Justiz Die Wahrheit ans Licht bringen

Stolzer Autor mit 85 Jahren: Der Mühlheimer Jurist Dr. Dieter Eschke weist in seinem Buch auch auf Missstände in seinem früheren Berufsfeld hin. Sein Erstlingswerk gibt es ab sofort auf Anfrage. Bild: frenger

Mühlheim – Ein folgenschweres Fehlurteil, der erschütterte Glaube eines angehenden Juristen in die deutsche Justiz und eine offene Rechnung mit einem alten Widersacher: Diese Punkte geben den Rahmen für den Roman „Die Opfer des Richters“ von Dr. Dieter Eschke. Als langjähriger Richter und Vorsitzender eines Senats für Strafvollzug am Oberlandesgericht in Frankfurt hat der 85-jährige heutige Ruheständler eine Vielzahl kurioser, spannender Prozesse hautnah im Gerichtssaal mitverfolgen können.

Basierend auf seinen Erlebnissen erzählt der Mühlheimer in seinem Erstlingswerk nun die Geschichte des jungen, aufstrebenden Juristen Christian Lessing, dessen idealistisches Bild von Gerechtigkeit bereits kurz nach seinem Antritt als Richter ins Wanken gerät. Die Handlung sei zwar rein fiktiv, könne sich in dieser oder ähnlicher Form jedoch „mit Sicherheit“ auch in der Realität abspielen, stellt Eschke klar. „Ohne meine Erfahrung und das Fachwissen hätte ich die Geschichte nicht so detailliert beschreiben können“, meint der Autor stolz und gesteht seinem Buch damit durchaus autobiografische Züge ein.

Denn der gebürtige Berliner, der seit 1958 mit seiner Familie in der Mühlenstadt lebt, weiß genau, wovon er schreibt. Rund 40 Jahre lang hat er als Richter in Frankfurt die Robe getragen, über Schuld und Unschuld der Angeklagten entschieden, ehe er 2003 im Alter von 65 Jahren gezwungen war, in den Ruhestand zu wechseln. „Ich hätte gerne weitergemacht, da es mir unheimlich viel Spaß bereitet hat, die Wahrheit herauszufinden und dabei mit den unterschiedlichsten Menschen zu sprechen“, schwärmt Eschke.

Seine Faszination stammt nicht von ungefähr, schon als Jugendlicher habe er sich brennend für Strafprozesse interessiert. „Ich war mit 16 regelmäßig als Zuschauer bei Verhandlungen am Landgericht in Fulda dabei“, berichtet der Rentner und ergänzt: „Die Tätigkeit als Richter hat mich immer besonders fasziniert, da er derjenige ist, der entscheidet und somit für Gerechtigkeit sorgen kann.“

Doch nicht jedes Urteil, das vor Gericht gefällt wird, ist auch wirklich gerecht. Immer wieder kommt es zu fehlerhaften Entscheidungen, wodurch eigentlich unschuldige Personen für Taten bestraft werden, die sie nicht begangen haben. Genau diese Problematik greift Eschke auch in seinem Werk auf, möchte damit auf Missstände in der Justiz hinweisen.

„Es ist jahrelang am Personal – ob Richter, Staatsanwälte oder Polizeibeamte – gespart worden, wodurch sich Verfahren teils enorm verzögern“, erläutert der Fachmann.

Fortsetzung auf Seite 5

Von Jan Lucas Frenger