Duo Ohrenschmaus läutet Konzertreihe im Schanz ein Erfrischend wie Äppelwoi-Cola

Mit wechselndem Kopfschmuck: Matthias Spahn (links) und Klaus Schmitt begeistern die Zuhörer seit Jahrzehnten als Duo Ohrenschmaus. Bild: m

Mühlheim – Sind sie in Wirklichkeit verdeckte Mitarbeiter der mittelhessischen Fähr- und Personentransportverkehrsgesellschaft? Heimliche Hütchenspiel-Millionäre? Oder gar ein Trio? Die Drei vom Duo Ohrenschmaus weisen alle Vorwürfe vehement von sich. Tatsache ist aber, dass prominente Besucher in den hinteren Reihen des ausverkauften Schanz unter den breiten Krempen keine Musiker erkannt haben wollen...

Alles kein Grund zur Panik, es handelt sich vielmehr um ein ganz normales Konzert der Mühlheimer Barden Klaus Schmitt und Matthias Spahn, am Samstag verstärkt durch das Bieberer Urgestein Fred Bauer. Der Mann beherrscht Keyboard, Verkleiden und Mülltonne, die für Bioabfälle benutzt er gerne als Maxi-Cajon, um den Rhythmus von Simon & Garfunkel 2.0 zu unterstützen.

Für ihr aktuelles Konzertprogramm haben die Perückenfreunde eine ganze Reihe Evergreens aus dem Amerikanischen mit Texten aufgehübscht, die unter die Haut gehen. In neuen Arrangements glänzt so die Ode an „Hackbraten un‘ abgestanne‘ Bier“ und die Schwärmerei um „Lisbeth“ oder „Ich mach‘ Liebe am Nachmittag“. Mit Batschkapp, Schnauzer auf der Oberlippe und englisch klingendem Gemurmel kündigt Spahn den nächsten Hit an – Schmitt mit schlohweißer Lockenpracht. Ohrenschmaus ist eben immer auch eine Augenweide!

Keine Frage, die Fangemeinde hängt an ihren Stars. Drei Konzerte sind gesetzt – und alle sind schon jetzt fast ausgebucht. Die beiden treffen einfach die hessische Seele, singen sich knochentrocken mit der Hymne der Pils-Verweigerer in die Herzen der Bierbrauer, „Äppelwoi-Cola is‘ wie Urlaub in Offe‘bach“. Was nicht in Liedzeilen passt, hauen sie zwischen den Songs raus: „Mir ist der Joghurt aus der Hand gefallen, ein Blick auf den Deckel bestätigt, er war nicht mehr haltbar.“

In Mühlheimer Blumenläden gibt‘s leider keine Guns‘n‘Roses (im Ohrenschmaus-Programm auch nicht!), und Spahns Gynäkologen-Witze könnten Schmitts Karriere als Religionslehrer ausbremsen. Beinahe wäre es das Chaos auf der Bühne, in dem die frisch gestrichene Fähre hängen geblieben wäre: Bommelmütz‘, Sombreros, Bogart- und Zauberhüte verteilen sich zwischen Gießkanne, Hocker, Biergläser und Instrumenten – das Fernsehballett des MDR braucht vermutlich auch nicht mehr Klamotten. Aber es ist eben ein original Ohrenschmaus-Spektakel.

Gesammelt, gekauft oder geschenkt bekommen haben sie die 100 Kopfbedeckungen, vermutet Schmitt. Und lenkt die Aufmerksamkeit wieder auf das Musikalische in ihrer Bühnenshow: „Wir haben echt viel geprobt, alte Lieder mit neuen Texten aufgemotzt.“ Die Witze seien ganz frisch, die CDs sind‘s nicht mehr, nach der letzten Zugabe verscherbeln sie die letzten Exemplare des 2017er Albums.

Der Bauer aus Bieber unterstütze sie schon seit Jahren, „wir können halt nicht mehr so“, erklärt Schmitt kurzsilbig – und unterdrückt sichtbar ein Grinsen. „Erst hat er Witze vorgetragen, dann Sketche, es ist immer mehr geworden.“ Viele Titel haben sie neu arrangiert, mit neuen Texten versehen, doch das hilft alles nicht: „Das Publikum will unsere Klassiker hören!“ Dazu gehören längst auch „der Fährmann: Er fährt so gern de‘ Schiffe hinnerher, doch die fahr‘n nach links, und er fährt quer“, singt Spahn, während Schmitt dem blauen Kahn aus Pappkarton im Entenfell hinterherschwimmt. „Trauer und Tränen“ bestimmen noch immer den Verlust der Verbindung zur Liebsten in Dörnigheim. Die Zugabe lässt dafür das Herz des Zeitungsmachers höherschlagen: Steckt die Offe‘bach-Post nicht im Rohr, „is‘ de‘ ganze‘ Tach versaut. Was ist das Leben ohne dich, oh Offe‘bach-Post!“.

Seit ihrer Zeltlager-Zeit bei der Katholischen Jugend greifen die Freunde zur Klampfe. Im Publikum sitzen längst nicht mehr nur die Kinder von damals, auch viele Jüngere machen sie von der Bühne aus, sagt Spahn, und es schwingt Stolz in der Stimme mit. „Es klappt immer noch und es macht riesen Laune.“ Nicht nur den Akteuren, wohlbemerkt.

Von Michael Prochnow