Ober-Röder Jahrgang 1936/37 ruft seine Kranken sogar vom Stammtisch aus an Immer noch ziemlich beste Freunde

Die Treffen des Jahrgangs 1936/37 sind auch heute noch recht gut besucht. Einmal pro Quartal kommen die einstigen Schulkameraden zusammen – soviel Gemeinschaftsgefühl über eine so lange Zeit ist selten. Bild: eyssen

Ober-Roden – Im Jahrgang 1936/37 Ober-Roden ist der Zusammenhalt bis heute riesig. Auch über sieben Jahrzehnte nach dem Ende ihrer Schulzeit treffen sich die ehemaligen Klassenkameraden regelmäßig in größerer Runde. Sozusagen eine stolze Leistung, wenn man bedenkt, dass die Senioren 88 beziehungsweise 87 Jahre alt sind.

Dieses Gemeinschaftsgefühl wurde auch beim jüngsten Termin im Restaurant „Gargano“ mit rund 30 Teilnehmern, darunter auch Ehepartner, deutlich. Alle drei Monate kommen die Ur-Ober-Röder zusammen. Unterbrochen, aber nicht beendet wurde diese jahrzehntelange Tradition nur durch die Pandemie. Der 92-köpfige Schuljahrgang, von dem heute noch ein knappes Drittel lebt, war, wie früher üblich, aufgeteilt in eine „Buben“- und eine „Mädchen“-Klasse.

Regelmäßig werden am Stammtisch auch Bilder und Filme von früher gezeigt. Zu runden Jahrgangs-Geburtstagen gab es auch größere Feste. „Jubiläen sind immer gut gefeiert worden“, erinnert sich Reinhold Franz, der die Zusammenkünfte schon lange koordiniert. Viele Jahre war auch Karl Gotta einer der „Orgachefs“, mittlerweile kann er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zu den Treffen kommen. Er wurde aber, wie Helmut Hunkel auch, vom Restaurant aus angerufen, um doch irgendwie dabei sein zu können.

Zusammenhalten mussten die 36/37er schon in ihrer Kindheit. In den letzten Kriegsjahren und in der Nachkriegszeit lernten sie in der Volksschule Ober-Roden, die längst Trinkbornschule heißt. Da werden natürlich auch immer wieder Erinnerungen wach an die Schulzeit, die sich mit dem Alltag heutiger Erstklässler so gar nicht vergleichen lässt. Geregelter Unterricht war oft nicht möglich. „Das war mehr oder weniger improvisiert“, blickt Heinz Graf, der 1943 eingeschult wurde, zurück. „Es war ja auch laufend irgendetwas“, so Graf, der in der Nähe des Bahnhofs wohnte, angesichts der in den letzten Kriegsjahren zunehmenden Bombenangriffe der Alliierten. Auch Tieffliegerangriffe prägen die Kindheitserinnerungen. „In diesem Alter hat sich die Angst aber nicht so tief eingegraben“, meint Heinz Graf rückblickend. Reinhold Franz erinnert sich unter anderem daran, dass er sich mit seinen Schulkameraden bei Angriffen im Luftschutzkeller unter der Schule in Sicherheit brachte.

Am 26. März 1945 besetzten die Amerikaner Ober-Roden. Somit war zumindest die unmittelbare Kriegsgefahr vorbei. Reinhold Franz denkt an Kinderstreiche, als man den „Amis“, die teilweise im Schulgebäude einquartiert waren, manchmal die Nussbutter stibitzte. Und so manches Stück Schokolade bekamen die „little Germans“ natürlich auch.

Üblich war in den mageren Jahren nach dem Krieg auch die sogenannte Schulspeisung „Haferflockenbrei und Milchsuppe“, sei da unter anderem auf den Tisch gekommen, sagt Loni Hitzel. Sie findet es gut, dass sich der Jahrgang auch im hohen Alter noch regelmäßig trifft und dass mit Reinhold Franz weiterhin ein höchst motivierter Organisator da ist.

Franz, der wie schon sein Vater viele Jahre als Lehrer unterrichtete, war einer der wenigen des Jahrgangs, der mit Blick auf seinen späteren Beruf nach der Ober-Röder Volksschule auf eine weiterführende Schule in Dieburg ging. Nach den acht Volksschuljahren lernten die meisten Mitglieder des Jahrgangs einen Beruf. Heinz Graf etwa wurde Schreiner, war später als Meister lange selbstständig.

Seine Lehrer hätten ihm zwar durchaus geraten, eine weiterführende Schule zu besuchen. „Mein Vater hat aber gesagt: Es wird ein anständiger Beruf gelernt“, erinnert sich der langjährige Dirigent des Musikvereins 03 heute schmunzelnd. Bereut hat er dies nicht. Eine Klassenkameradin am Tisch, die nicht so gerne mit Namen in der Zeitung stehen möchte, kann das nur bestätigen. „Meine Kinder haben auch beide einen handwerklichen Beruf gelernt, und keiner ist unglücklich geworden.“

Der Großteil des Jahrgangs blieb Ober-Roden, oder zumindest der näheren Umgebung, nach der Schulzeit treu. Der „weiteste Wegzug“ führte nach Düsseldorf. Beim Jahrgangstreffen 36/37 gibt es auch Teilnehmer, die zu ihrer Schulzeit noch nicht im Ort lebten. Siegfried August etwa kam 1953 nach Waldacker. Seit dem 60-Jährigen ist er bei den Treffen mit dabei. Eine ganze Menge Humor hat man übrigens auch – es wird viel gelacht. Dafür sorgen auch die „Gäste“ „Das sind ja alles junge Leute hier im Vergleich zu mir“, scherzte etwa Franz Rebel.

Der 91-Jährige begleitete seine Frau Helga, mit der er in diesem Jahr Eiserne Hochzeit feiert, und ist froh, dass er sich mit halbwegs Gleichaltrigen treffen kann. In seinem 33er-Schuljahrgang leben nur noch fünf Mitglieder, mittlerweile macht man keine Jahrgangstreffen mehr.

Von Sascha Eyssen

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