Pfarrer Eberhard Jung feiert sein 60-jähriges Priesterjubiläum „Ich war immer bei den Leuten!“

Eberhard Jung hält die Kerze in Ehren, die er zu seiner Priesterweihe erhalten hat. Auf ihr alle seine Stationen als Geistlicher dokumentiert. Bild: ziesecke

Ober-Roden – Es war 1963, als im Dom zu Mainz Eberhard Jung – damals 24 – zum Priester geweiht wurde. Jüngst feierte er gemeinsam mit seinem Bruder Elmar und vielen Weggefährten sein 60-jähriges Priesterjubiläum in der Kirche St. Nazarius.

Der mittlerweile 84-Jährige ist das älteste von vier Geschwistern. Eines davon ist Bruder Elmar, zwölf Jahre später geboren. Auch wenn er nicht mehr Pfarrer in Ober-Roden ist, steht er viel an seiner Seite. Bruder Peter starb an dem Tag, als Eberhard Jung sein Examen machte. Schwester Gisela lebt als Ärztin in Liechtenstein.

Die Familie war eindeutig christlich geprägt, doch der Vater war Lehrer und nicht etwa Pfarrer. Dennoch machten alle drei Söhne ihren Weg in der katholischen Kirche. Die vier Kinder wurden in Alzey groß, die drei Buben waren dort Messdiener; Mädchen konnten dies damals noch nicht. „Wir hatten gute Vorbilder in unseren Kaplänen“, erinnert sich der Jubilar. „Dies und die Nähe zur Gemeinde waren für uns ein Stück Heimat.“ Die Buben halfen den Kaplänen beim Umzug, sie bauten die Krippen auf und waren überall gern gesehen.

Nach dem Abitur führte Eberhard Jungs Weg direkt nach Mainz. Stolze 24 Kandidaten waren es damals, die ins Seminar eintraten; 22 von ihnen wurden nach rund sechs Jahren am 28. Juli 1963 von Bischof Hermann Volk zum Priester geweiht.

Als Kaplan in Nieder- und Obereschbach hatte Eberhard Jung Glück: Er hatte gleich zwei Filialgemeinden zu betreuen, noch dazu in einer Zeit der Kirchenrenovierung. Er blieb freiwillig sechs statt der üblichen zwei Jahre, ehe er nach Waldmichelbach kam. Dort lernte er vom Pfarrer das, was ihn sein ganzes Leben lang begleitet und erfreut hat: die Leitung von Zeltlagern. „Das ist für mich zum roten Faden durch mein Leben geworden!“, sagt Eberhard Jung.

Dann wurde er nach Undenheim in Rheinhessen versetzt, wo er zunächst im Gemeindezentrum wohnte mit dem Schlafzimmer direkt auf der Bühne. Auch dort hat er die Zeltlagertradition ins Leben gerufen. „In meinen sechs Jahren in Undenheim kam mal ein Domkapitular vorbei und sagte: ‚Wir treffen Sie ja nie im Pfarrhaus an!’ Meine Antwort war: ‚Ich war immer bei den Leuten!’“

Seelsorge hat Jung von der Pike auf gelernt und praktiziert, auch in seinen vier Jahren in Bad Vilbel, wo er ebenfalls Zeltlager organisierte. In seiner nächsten Wirkungsstätte – Höchst im Odenwald – kam die Sternsinger-Arbeit dazu. Zudem gelang es ihm, alle Familien seiner Gemeinde zu besuchen, und das bei zehn Dörfern, aber nur einer Kirche. Von Tür zu Tür ziehen, singen, beten, mit den Menschen reden: Das galt für seine Arbeit ebenso wie für die Sternsingerrolle. „Dabei haben die Kinder auch gelernt, dass sie nicht überall willkommen sind“, schildert er prägende Erfahrungen.

Seine letzte offizielle Priesterstation war Schwabenheim „gleich hinterm ZDF“, mit vier Filialen. Auch da kam ihm seine Offenheit zugute, nicht zuletzt in der Osternacht, wenn er vier Kerzen weihte und sie in die Dörfer brachte.

„Mit 68 habe ich dann angekündigt, dass ich mit 70 aufhöre!“ Seinen Abschiedsgottesdienst zelebrierte Weihbischof Werner Guballa. Als Pensionär stand er dem Pfarrer im rheinhessischen Gundernheim zur Seite, half aber immer wieder mal seinem Bruder in St. Nazarius aus – etwa wenn der nach Indien reiste. Bis ihn eines Tages Verwaltungsrat Klaus Wolf fragte: „Warum fahren Sie eigentlich immer so weit, wenn Sie ihren Bruder vertreten?“ Mit einer Mail hat Eberhard Jung sich erst mal bei seinem Bruder erkundigt, ob es dem recht wäre, wenn er ihn in dessen Gemeinde noch ein wenig mehr unterstützen würde, und bekam die prompte Antwort: „Herzlich gerne!“ Und Elmar Jung beteuert: „Das war die beste Lösung! Ich habe es nie bereut!“

Klaus Wolf hatte sogar eine freie Wohnung für den rüstigen Pensionär, der nicht nur seelsorgerische Aufgaben übernahm, sondern auch im heiß geliebten Kirchenchor sang. Eberhard Jung läuft immer noch kleine Runden durch den nahen Wald, was nach einem Beinbruch im vergangenen Jahr nun schwieriger ist. Dass sein jüngerer Bruder nur 15 Kilometer entfernt in Egelsbach lebt, ist daher ideal.

Von Christine Ziesecke