Auf Entdeckungsreise in den Frankfurter Stadtteilen Nied: Umgeben von zwei Flüssen

Das Tor zur denkmalgeschützten Eisenbahnersiedlung am Neumarkt.

Frankfurt (sh) – Nennt man einen Frankfurter Stadtteil, hat fast jeder ein bestimmtes Wahrzeichen, etwas für den Stadtteil Typisches oder auch ein Klischee vor Augen. Redakteurin Sabine Hagemann hat die Frankfurter Stadtteile besucht, sie erlaufen, auf sich wirken lassen und sich umgeschaut, was es dort neben den üblichen Sehenswürdigkeiten noch so gibt.

Nied ist ein Stadtteil für Menschen, die Flüsse mögen, denn dort sind gleich zwei davon zu erleben: Der Main und die Nidda. Und wer einen Hang zur Eisenbahnromantik hat, dürfte ebenfalls auf seine Kosten kommen – schließlich befand sich in Nied das Dampflok-Ausbesserungswerk und davon übrig geblieben ist die Eisenbahnersiedlung. Ich beschließe, mir erst einmal den Bereich südlich der S-Bahnstrecke anzuschauen und danach jenen, der nördlich davon liegt.

Ich folge der Oeserstraße, bis sie auf die Straße Alt-Nied trifft. Dort werfe ich zuerst einen Blick auf die alte Niddabrücke, die schon 1275 erstmals urkundlich erwähnt wird. 1824 wurde die einstige Holzbrücke durch die massive Sandsteinbrücke ersetzt. Die Informationen liefert übrigens eine an der Brücke angebrachte Plakette. An sämtlichen Nieder Sehenswürdigkeiten sind solche Hinweistafeln angebracht – und zwar vom Vereinsring Nied. Eine feine Sache!

Der nächste Blickfang ist ganz in der Nähe: Das Alte Rathaus. Dort residierte 1840 bis 1848 der nassauische Schultheiß und danach bis zur Eingemeindung Nieds nach Frankfurt im Jahr 1928 der frei gewählte Bürgermeister. Richtig: Auch das steht auf einer dort angebrachten Vereinsring-Tafel. Inzwischen ist in dem schmucken Gebäude ein Polizeiposten untergebracht. Und nicht weit weg ist die 1826/1828 erbaute evangelische Christuskirche die interessanterweise – wieder eine Info des Vereinsrings – bis 1907 als Simultankirche von beiden christlichen Konfessionen genutzt wurde.

Ich begebe mich über die Mainzer Landstraße ans Mainufer und spaziere vorbei an der Frankfurter Rudergesellschaft Nied zur Wörthspitze. Dort mündet die Nidda in den Main, die Mündung selbst würde ich allerdings eher in Höchst verorten. Die Wörthspitze ist eine Parkanlage und Ausgangspunkt des Frankfurter Grüngürtels. Der Karikaturist Robert Gernhardt hat dort am 1. April (!) 2002 zum ersten Mal das Grüngürtel-Tier erspäht und gezeichnet, das dann zum Patentier des Frankfurter Grüngürtels wurde. Die Stadt pflanzte auf der Wörthspitze dem Künstler zu Ehren drei Eschen.

Ich laufe am Main entlang wieder zurück und nutze einen Stichweg, um zum Nieder Kirchweg zu gelangen. Dort, Ecke Mainzer Landstraße, befindet sich die katholische Kirche St. Markus, deren weiße Farbe im Sonnenlicht intensiv leuchtet. Auch dort gibt es Infos vom Vereinsring, zum Beispiel zu den Abmessungen des Gebäudes und der Neugestaltung des Innenraums.

Vorbei an der Feuerwache und der freiwilligen Feuerwehr Nied folge ich der Dürkheimer Straße und gelange wiederum über eine Stichstraße zur Mainzer Landstraße. Nach einem kurzen Abstecher zur Saalbau Nied begebe ich mich wieder in Richtung Alt-Nied. An der Beunestraße werfe ich einen Blick auf das Heimatmuseum Nied, das im Hintergebäude der ehemaligen Beuneschule, einem hübschen Klinkerbau, untergebracht ist. Nun ist der Teil nördlich der S-Bahnstrecke an der Reihe und ich beginne mit dem 1899 eingeweihten Nieder Friedhof. Wie der Vereinsring informiert, befindet sich dort die Dauergrabstätte des Nieder Bürgermeisters Franz Simon. Vor dem Friedhof steht eine Gedenksäule, die an die während der Nazizeit verfolgten und verstorbenen Bürger von Nied erinnert.

Ich laufe entlang der Oeserstraße zur Niddahalle, wo sich eine weitere Gedenkstätte befindet: Am dortigen beschrankten Bahnübergang ereignete sich 2020 ein schrecklicher Unfall. Ein Zug passierte den Übergang bei geöffneter Schranke – diese wurde damals noch manuell betrieben. Ein 16 Jahre altes Mädchen wurde von dem Zug erfasst und getötet, ein Radfahrer und eine Autofahrerin wurden schwer verletzt. Seit 2021 werden die Schranken automatisch gesteuert. Die Bürgerinitiative „Die Schranke muss weg“ kämpft dafür, dass der Bahnübergang ganz verschwindet – mit Erfolg, denn laut einem Bericht der Hessenschau wollen die Bahn und die Stadt Frankfurt dort eine Unterführung bauen.

An der Niddahalle prangt der Eintracht-Adler. Vor einem Jahr fusionierte die SG Nied mit Eintracht Frankfurt, um den Sport-Standort sichern zu können. Von Kampfsport über Leichtathletik bis Rugby gibt es dort fast alles – außer Fußball. Dafür ist im Stadtteil der FV Alemannia 08 Nied zuständig. Und sportlich geht es weiter, denn auf meinem Weg zum „Niddastrand“ – einem beliebten Biergarten mit Sandstrand – komme ich beim Frankfurter Poloclub vorbei, der dort sein Spielfeld und seinen Pferdestall hat.

Nach einer Pause im Liegestuhl unterm Sonnenschirm geht es immer weiter auf der Oesersraße zur denkmalgeschützten Eisenbahnersiedlung, die ich durch das Tor am Neumarkt betrete. Die Siedlung wurde ab 1918 für Eisenbahnbedienstete gebaut. Die hübschen, kleinen Häuschen verfügen über eigene Gärten. Am Brunnenpfad gibt es den Faulbrunnen, der schwefelhaltiges Mineralwasser führt, ein Stück entfernt, im Niedwald, steht der Selzerbrunnen, aus dem ebenfalls schwefelhaltiges Wasser sprudelt.

Zum Abschluss der Tour gönne ich mir einen Spaziergang entlang des malerischen Niddaufers, vorbei an Altarmen und Anglerheim. Ein Anziehungspunkt – gerade bei heißen Temperaturen – sind die Stromschnellen beim ehemaligen Höchster Wehr, das zugunsten der Fische zurückgebaut und durch ein sogenanntes Streichwehr ersetzt wurde. Viele Besucher erfrischen sich dort im rauschenden, flachen Wasser, aber auch am Ufer machen sie es sich auf Picknickdecken und in Strandmuscheln bequem. Meine letzte Sehenswürdigkeit ist das „Baudenkmal Eisenbahnbrücke Nied“, Hessens älteste und Deutschlands zweitälteste, seit 1839 genutzte Eisenbahn-Steinbogenbrücke. Statt eines Dampfrosses nehme ich für die Heimfahrt allerdings die S-Bahn.

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Kommentare

Geburtsort Nied

Die Eisenbahner Siedlung ist der Anziehungspunkt meines Lebens. Ich wurde dort geboren. Mein Vater arbeitete bei der Bahn. Bin dort in die Friedrich List Schule gegangen und der Wald am Selzerbrunnen war unser Spielplatz. Ich bin bis heute immernoch überwältigt, dass man alles so gelassen hat.
Die Gängelchen, so nannte man früher vielleicht auch heute noch, die Durchgänge zu den Häusern und Wohnungen. Der Innenhof ist immernoch so schön wie früher und selbst der Bleichplatz, auf dem man die Wäsche ausleihen, ist unverändert. Unser Garten...
Eine andere Familie freut sich sehr, dort Wohnen zu können. Viele Menschen kenne ich noch mit Namen.
Es sind jetzt die Nachfahren. Selbst der damalige Nachbar hat das Haus, da war das Gsus des Gemeindevorstehers, an seine Enkelin abgetreten.
Eine friedliche Gemeinde und meine herzlichsten Erinnerung an meine Kindkeit.

Geburtsort Nied

Die Eisenbahner Siedlung ist der Anziehungspunkt meines Lebens. Sie ist unverändert. Unser Garten...
Eine andere Familie freut sich sehr, dort Wohnen zu können. Viele Menschen kenne ich noch mit Namen.
Es sind jetzt die Nachfahren. Selbst der damalige Nachbar hat das Haus, da war das Haus des Gemeindevorstehers, an seine Enkelin abgetreten.
Eine friedliche Gemeinde und meine herzlichsten Erinnerung an meine Kindkeit.meines Lebens. Ich wurde dort geboren. Mein Vater arbeitete bei der Bahn. Bin dort in die Friedrich List Schule gegangen und der Wald am Selzerbrunnen war unser Spielplatz. Ich bin bis heute immernoch überwältigt, dass man alles so gelassen hat.
Die Gängelchen, so nannte man früher vielleicht auch heute noch, die Durchgänge zu den Häusern und Wohnungen. Der Innenhof ist immernoch so schön wie früher und selbst der Bleichplatz, auf dem man die Wäsche früher bleichte.Es ist schön, dass alles noch genauso aussieht wie früher. Ich bin gerne dort gewesen und besuche 2mal im Jahr meinen Geburtsort.