Hessen: Bestand an Sozialwohnungen muss bis 2030 um über 80.900 steigen 16,5 Millionen Euro „Staats-Miete“ im Monat vom Job-Center für Vermieter

Die IG Bau fordert mehr Sozialwohnungen und weniger Mietzahlungen an Vermieter. Bild: IG Bau/p

Frankfurt (red) – Der Staat lässt sich die Unterstützung fürs Wohnen in Frankfurt einiges kosten. Er zahlt bei den Mieten kräftig mit: Rund 29.600 Haushalte mit insgesamt 52.700 Menschen in Frankfurt unterstützte der Staat im vergangenen Herbst bei den Kosten der Unterkunft (KdU). Dabei geht es um Mietzahlungen vom Job-Center für Bürgergeld-Empfänger: Allein für die Kaltmiete zahlte der Staat im Oktober bei den Kosten der Unterkunft in Frankfurt mehr als 16,5 Millionen Euro an die Vermieter. Das geht aus der aktuellen Statistik der Bundesagentur für Arbeit hervor, auf die die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) jetzt verweist. „Dazu kommt Monat für Monat noch einmal eine stattliche Summe fürs Wohngeld. Ebenso übernimmt der Staat über die Job-Center-Zahlungen hinaus die Kosten der Unterkunft für viele weitere Menschen, die darauf angewiesen sind: Ältere mit knapper Rente zum Beispiel“, sagt die IG Bau Rhein-Main. Unterm Strich gebe der Staat damit in Frankfurt viel Geld für Miete aus, um Menschen das Wohnen überhaupt ermöglichen zu können.

„Um es klar zu sagen: Es ist richtig und wichtig, dass der Staat Wohngeld zahlt und dass er die Kosten der Unterkunft übernimmt. Noch besser sind aber Sozialwohnungen. Sie machen den Staat unabhängig von jeder Miet-Preistreiberei auf dem Wohnungsmarkt. Auf Dauer sind sie also die günstigere Lösung für die Staatskasse. Außerdem sind Sozialwohnungen die beste Mietpreis-Bremse für den Wohnungsmarkt“, sagt Bruno Walle von der IG Bau Rhein-Main.

Die Gewerkschaft geht noch einen Schritt weiter: Die IG Bau wirft dem Staat ein „Missmanagement bei der Unterstützung fürs Wohnen“ vor. Bund und Länder hätten den sozialen Wohnungsbau seit Jahrzehnten „massiv vernachlässigt“. Das sei auch in Hessen deutlich zu spüren. „Dadurch haben wir jetzt landesweit einen dramatischen Mangel an sozialem Wohnraum: Allein in Hessen muss der heutige Bestand an Sozialwohnungen bis 2030 um mehr als 80.900 steigen. Bundesweit werden dann 910.000 Sozialwohnungen mehr gebraucht“, sagt Walle und beruft sich dabei auf eine aktuelle Studie, die das Pestel-Institut (Hannover) für das Bündnis „Soziales Wohnen“ gemacht hat. Die IG Bau engagiert sich in dem Bündnis für mehr sozialen Wohnungsbau. Weitere Partner sind der Deutsche Mieterbund (DMB), die Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie (CBP) sowie zwei Verbände der Bauwirtschaft.

„Jetzt steckt der Staat in einer Sackgasse: Er kann den Menschen, die dringend eine Unterstützung beim Wohnen brauchen, keine Sozialwohnungen anbieten. Also müssen die Job-Center die hohen Mieten auf dem freien Markt akzeptieren. Und die sind in den vergangenen Jahren in vielen Orten durch die Decke gegangen“, sagt Walle. Gensteuern könne der Staat nur, wenn er jetzt anfange, „in die Schaffung von deutlich mehr Sozialwohnungen zu investieren“. Der Bezirksvorsitzende appelliert daher an die Bundes- und Landtagsabgeordneten in Frankfurt, sich für die Neubau von Sozialwohnungen stark zu machen: „Denn jede einmalige Förderung, durch die eine neue Sozialwohnung entsteht, erspart dem Staat erhebliche Summen, die er sonst auf Dauer für die Unterstützung bei der Miete ausgeben müsste. Das ist eine einfache Rechnung, die vor allem der Bund, aber auch das Land Hessen spätestens dann beherrschen müssen, wenn die Sozialausgaben durch die Decke gehen: Nämlich jetzt.“

Deshalb unterstützt die IG Bau Rhein-Main die Forderung vom Bündnis „Soziales Wohnen“ nach einem bundesweiten „Sofort-Budget Sozialwohnungsbau“ von 50 Milliarden Euro. „Bund und Länder müssen jetzt Geld für den Neubau von Sozialwohnungen bereitstellen. Das gilt auch für Hessen. Nur so kann die Bundesregierung es noch schaffen, ihr Versprechen nicht komplett zu brechen: Nämlich 100.000 neu gebaute Sozialwohnungen pro Jahr, die es geben soll. Und die dringend gebraucht werden“, sagt Walle. Der „Booster für die Förderung des sozialen Wohnungsbaus“ müsse rasch erfolgen. Denn der Mangel an Sozialwohnungen sei „ein Akut- und kein Übermorgenproblem“.

Außerdem sollen für den Neubau von Sozialwohnungen künftig nur sieben, anstatt – wie bisher – 19 Prozent Mehrwertsteuer fällig werden, fordert die IG Bau. „Das gibt dem Neubau von Sozialwohnungen einen Schub. Und das macht die Mieten günstiger“, sagt der Bezirksvorsitzende.

Darüber hinaus fordert die IG Bau eine „Sozial-Quote“ bei der Vergabe von Sozialwohnungen: „Ein Zehn-Prozent-Kontingent für benachteiligte Menschen – insbesondere für Menschen mit Behinderung“, meint Walle.

Die IG Bau hat weitere Informationen zu einem Sondervermögen von 50 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau ins Internet gestellt. Die Forderung dazu kann online auch unterstützt werden auf https://deine. igbau.de/wohnungsbau.