Im flackernden Schein der Taschenlampen steigt der Besucher die Stufen eines zerfallenden Jugendstiltreppenhauses in die oberen Etagen des neobarocken Monumentalgebäudes und spürt nach dieser Führung, an einem wahrlich mystischen Ort gewesen zu sein, der jeden Tatort-Krimi zu einem Thriller machen würde. Am damaligen Hohenzollernplatz, der heutigen Friedrich-Ebert-Anlage zwischen Hauptbahnhof und Messe, entstand 1914 das neue „Königliche Polizeipräsidium am Hohenzollernhof“ im Stil aus Neobarock und Neoklassizismus. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude zur Hälfte zerstört. Bis zum Wiederaufbau 1954 wurden große Teile der Behörde ausgelagert. 2002 wurde dann das neue Polizeipräsidium an der Adickesallee bezogen.
Das alte Gebäude steht seitdem leer, verfiel im Laufe der Zeit immer mehr, erinnerte aber auch an frühere Zeiten, in dem hier der spannende Frankfurter Tatort mit dem passenden Titel „Leerstand“ gedreht wurde. Versuche, Investoren zu finden, scheiterten das eine oder andere Mal. Erst 2018 wurde die Immobilie für 212 Millionen Euro an einen Projekt- und Quartiersentwickler aus Düsseldorf verkauft. Das historische Gebäude wird „revitalisiert“. Es sollen Büros, Wohnungen, Kindergarten, Geschäfte, ein Hotel und möglicherweise ein weiteres Hochhaus entstehen. Allerdings haben sich die Aktivitäten für diese Investitionen bislang verschoben. Für Besucher, Krimifreunde, Architektur- und Lost-Places-Fans, steht das Gebäude erst einmal weiter zur Verfügung.
Fred Bauer führt seine Gruppen zunächst in die Außenbereiche des Präsidiums und erklärt Fälle aus seiner aktiven Zeit, die so manchem Besucher die Haare zu Berge stehen ließ. Seine Funktionen im Präsidium waren zunächst die Soko-Autodiebstähle, dann das Drogendezernat und zum Schluss der KDD, der Kriminaldauerdienst, der dann schon wieder an TV-Krimis erinnerte. Im Gebäudeinneren führt Bauer die Besucher auch in die Räumlichkeiten, in denen spektakuläre Kriminalfälle bearbeitet wurden. So erinnerte er an die Entführung und Ermordung des Bankierssohn Jakob von Metzler und die Androhung des damaligen Vize-Polizeipräsidenten Wolfgang Daschner, dem Täter Marcus Gäfgen Zwang anzuwenden, wenn er nicht den Tatort bekannt gibt.
Die Besucher lauschten gespannt den Schilderungen, was im Halbdunkel noch den gewissen Thrill erzeugte. Nach mehr als 90 Minuten führte Bauer die Gruppe wieder ins „Freie“, nicht ohne auf sein Buch hinzuweisen, dass weitere Spannung versprechen sollte. Eine Führung, die manchen frösteln ließ...
Infos und die Termine der Lost-Places-Führungen gibt’s online auf frankfurter-stadtevents.de.