Die Maintalerin Gunhild Hexamer hat ihr zehntes Reisebuch geschrieben „ Geschichten liegen auf der Straße“

Die Maintaler Reisebuchautorin Gunhild Hexamer hat ihr zehntes Buch über Chicago geschrieben. Bild: BETTINA MERKELBACH

Maintal – Die Tür geht auf, die Musik wird lauter: dynamischer Jazz, zu dem junge Frauen mit grellroten Lippen so schnell tanzen, dass einem schwindlig wird. Pettycoats fliegen, Champagner-Gläser klirren, es riecht nach Rauch, feiern, verbotener Freiheit. Die Tür, die Gunhild Hexamer dem Leser öffnet, ist der Eingang zu einem „Speakeasy“, einer geheimen Bar, die trotz Prohibition alkoholische Getränke ausschenkte. Sie entführt ihre Leser in das Chicago der 1920er Jahre, die Stadt Al Capones und Richards Sears’. „Chicago erleben: Geschichten und Rezepte aus der Stadt der Wolkenkratzer“ ist das zehnte Reisebuch der Maintaler Autorin, zu beziehen bei Amazon (ISBN: 9798854265874).

Hexamers Bücher sind keine Reiseführer. Sie listet nicht die bekanntesten Sehenswürdigkeiten auf. Seit 2015 schreibt die Hochstädterin über ihre „Sehnsuchtsziele“ im Norden Amerikas und lässt die Leser an ihren Entdeckungen teilhaben. Dabei sucht sie Orte abseits touristischer Attraktionen auf, nimmt Land und Leute mit allen Sinnen auf. Ihr charakteristischstes Kennzeichen ist das Storytelling: Sie erzählt Geschichten zu ihren Reisezielen und beschwört damit Bilder vor dem inneren Auge des Lesers herauf, die in die Ferne entführen, zu Cowboys und Wasserfällen, Totempfählen und endlosen Weiten. Die Autorin webt fiktive Dialoge in reale Historie, verknüpft selbst Erdachtes mit historischen Figuren und lokalen Fixpunkten. Man taucht mit allen Sinnen ein, riecht, schmeckt, hört, sieht und fühlt, was sie auf ihren Reisen erlebt hat.

Dabei lernt man viel über die Geschichte der Staaten und Städte, die sie bereist. Kanada, Seattle, Texas, Arizona, Florida, Kalifornien – der Norden Amerikas ist Hexamers zweite Heimat. Wie sie ihre Geschichten findet? „Ich reise sehr aufmerksam, bin immer auf der Suche nach außergewöhnlichen Geschichten, nach dem, was dahinter steckt“, erzählt die Autorin. Dafür muss man neugierig sein, nachfragen. „Reisen ist, was ich daraus mache“, lautet Hexamers Erfolgsrezept.

Deshalb haben die Reisen mit Urlaub auch wenig zu tun. Zweimal im Jahr macht Gunhild Hexamer sich mit ihrem Mann Peter Schieche für drei bis vier Wochen auf nach Amerika. Jeder Trip wird vorab minutiös geplant. Es sind aber gerade die zufälligen Begegnungen dazwischen, die für Hexamer den Reiz des Reisens ausmachen. „Das kann man nicht planen, ist aber beglückend. Ich fühle mich sehr lebendig“, sagt die 64-Jährige. Es zieht sie in die Natur, in kleine Städte und einsame Gegenden, die Skurriles, Exotisches versprechen. „Deshalb reise ich gerne nach Arizona. Da liegen die Geschichten auf der Straße“, erzählt sie begeistert. Public Art ist oft Anziehungspunkt. „Es gibt Künstler, für die wir meilenweit fahren“, sagt sie. Ugo Rondinone, der aktuell im Städel ausstellt, ist einer davon.

Bei aller Faszination für die Schönheit Nordamerikas ist das Schreiben aber auch harte Arbeit. Die Geschichten, die Hexamer erzählt, zusammenträgt und mit fiktiven Elementen ausschmückt, bedürfen langwieriger Recherche. Fünf Bücher hat sie im Mana-Verlag in der Reihe „Reise-Leserbücher“ verlegt, fünf weitere im Selbstverlag über Amazon. „Das gibt mir die Freiheit, die Bücher jederzeit zu aktualisieren“, erklärt sie die Vorteile. Gerade hat sie die fünf Werke auf den aktuellen Stand gebracht. Nach der letzten Reise nach Washington hat Hexamer dafür eine Schreibpause eingelegt, um sich zum Beispiel um ihre mit vielen Bildergalerien und Details zu ihren Büchern und Reisen bestückte Webseite und ihren neuen Instagram-Account zu kümmern.

Außerdem ist ihr Bewegung sehr wichtig. Yoga, wenn sie mit Schreibblockaden kämpft, laufen und radfahren. Auf ihre Reisen nimmt sie immer einen Tretroller mit. Sich ein Rad zu leihen, ist ihr nämlich zu stressig. „Das wird meist pro Minute abgerechnet. Ich brauche aber Zeit“, sagt die Autorein, die ihre nächste Reise außerhalb ihres nordamerikanischen Kosmos nach Aus-tralien plant.
 bme

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