Wie viele andere Vereine auch, hat die Partei Willy Brandts und Helmut Schmidts in der Gründaustadt mit Überalterung zu kämpfen. So verfügen die Sozialdemokraten derzeit auch – im Gegensatz zur CDU mit der Jungen Union – über keine aktiven Jusos. Und einen Teil der Gesellschaft hat die SPD mit ihren 104 Mitgliedern bisher auch nur sehr am Rande abgebildet: Frauen mit Migrationshintergrund. Und genau das ändert sich jetzt mit dem Beitritt der 36-jährigen Raedi Kurdi und der 42-jährigen Maryem El Gartite.
Kurdi ist mit ihrer Familie 2018 aus dem Bürgerkrieg in Syrien nach Deutschland geflohen. El Gartite lebt bereits seit 2002 in Langenselbold, kam damals aus Marokko in die Bundesrepublik. Beide fühlen sich hier längst heimisch und haben auch viele Freundschaften geschlossen.
„Ich bin hier sehr gut aufgenommen worden und habe viel Hilfsbereitschaft erfahren. Das möchte ich jetzt zurückgeben, in dem ich mich bei der SPD engagiere“, berichtet Raedi Kurdi über die Beweggründe, warum sie den Selbolder Sozialdemokraten beigetreten ist. Das soziale Engagement der SPD, der auch „die Bildungspolitik und die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund wichtig sind“, habe hauptsächlich den Ausschlag dafür gegeben, dass ihre Wahl auf diese Partei gefallen ist, erläutert die 36-Jährige.
Ähnlich sieht es bei Maryem El Gartite aus, die bereits seit einigen Jahren ehrenamtlich beim Selbolder Verein „Frauen-Kultur-Sprache“ aktiv ist. „Seit 2020 bin ich auch Vorsitzende des Vereins, der sich dafür einsetzt, dass hier lebende Frauen mit Migrationshintergrund die Möglichkeit erhalten, Deutsch zu lernen, um auch besser am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können“, erzählt die 42-Jährige über ihr Engagement.
Beide möchten sich nun in die SPD einbringen und die neuen Parteifreunde auch für die Belange der Menschen mit Migrationshintergrund sensibilisieren. Zugleich würdigen sie das, was insbesondere in Langenselbold in den vergangenen Jahren bereits für die Geflüchteten aus der Ukraine, aus Syrien oder Afghanistan getan wurde, die hier aufgenommen und versorgt wurden.
Auch beruflich haben Raedi Kurdi und Maryem El Gartite in ihrer neuen Heimat Fuß gefasst. Beide sind aber durchaus der Meinung, dass es bezüglich Bürokratie doch noch einige Hürden abzubauen gelte, um den Menschen mit Migrationshintergrund den beruflichen Einstieg in Deutschland zu erleichtern.
„Leider werden hier manche Berufsabschlüsse oder abgeschlossene Studiengänge nicht anerkannt, sodass viele Migrantinnen und Migranten nicht in den Berufen arbeiten können, in denen sie ausgebildet wurden“, bedauern die beiden jungen Frauen.
Auch darauf möchten sie ihre neuen Parteifreunde hinweisen. SPD-Chef Jürgen Schonlau kann da nur zustimmend nicken und würde sich diesbezüglich auch mehr Entgegenkommen von der Politik in Berlin wünschen.
„Ich freue mich aber auf jeden Fall auf die Mitarbeit und das Engagement unserer beiden neuen Mitglieder. Und vielleicht gehen sie ja bei der nächsten Kommunalwahl mit auf die SPD-Liste für die Wahl der neuen Stadtverordnetenversammlung“, hofft Schonlau. Für Raedi Kurdi und Maryem El Gartite ist dies allerdings nach eigenem Bekunden derzeit noch kein Thema.
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