Gewerbetreibende klagen über Marktplatzsanierung Geschlossen für immer

Vor der Filiale von Philippi’s Backstube am Marktplatz in Windecken ist bereits zum dritten Mal der Boden aufgerissen. Bild: thomas seifert

Nidderau – Der Kiosk Reidel ist bereits endgültig geschlossen, 35 Prozent Umsatzrückgang beim Bäcker, 20 Prozent weniger Umsatz beim Zahnarzt und ein Windecker Marktplatz, der zum Saisonstart im Eissalon Treviso noch eine Baustelle ist. Die Gewerbetreibenden und der Zahnmediziner werden durch den grundlegenden Umbau schwer gebeutelt. Nun haben Bäcker Thorsten und seine Schwester Alexandra Philippi einen Brief an den Magistrat geschrieben und sich über die Umstände und Widrigkeiten des Umbaus bitter beklagt.

Das Fazit des Briefs klingt verzweifelt: „Unsere Geduld und unser Verständnis sind schwer strapaziert und am Ende! Ebenso wird das Loch in der Kasse immer größer! Wir erwarten eine Lösung und ein Entgegenkommen! Verzweifelte Grüße.“

Bei einem Treffen vor Ort unterstreicht das Geschwisterpaar die dramatische Lage und wird von Dr. Michael Kastratovic, dem praktizierenden Zahnarzt am Marktplatz, unterstützt. Einer der Hauptvorwürfe an die Stadt lautet, dass die Kommunikation über die Maßnahmen und deren Dauer gleich Null sei. Nur vor Beginn der Arbeiten seien die Pläne in der Willi-Salzmann-Halle vorgestellt worden. „Seither haben wir nichts mehr von der Stadt gehört, man lässt uns im Regen stehen“, klagen sowohl die Philippis als auch der Zahnmediziner.

Die Philippis beschreiben in ihrem Brief, dass sie als Handwerksbetrieb mit Hauptsitz und Produktion am Marktplatz darauf angewiesen seien, mehrmals wöchentlich mit Ware beliefert zu werden und ihre Backwaren mehrmals täglich zu den Filialen auszuliefern. Zehn bis zwölf Personen seien in der Backstube und im Laden beschäftigt. Vor Beginn der Bauarbeiten hätten sich viele Windecker, Handwerker und Durchreisende von 5.30 bis 18 Uhr mit Getränken und Backwaren versorgt, drei Wochen nach Beginn der Maßnahme „haben wir uns entschlossen, den Nachmittag geschlossen zu lassen, da hier niemand den Weg zu uns findet“. Zudem mussten die Philippis zehn Tage komplett schließen, als direkt vor der Ladentür gebaut wurde.

In dem Brief kritisieren die Philippis die aus ihrer Sicht unkoordinierten Arbeiten auf dem Marktplatz. „Mittlerweile ist vor unserer Tür zum dritten Mal ein großes Loch.“ Die Geschäftsleute klagen über Zeiten, in denen nichts auf der Baustelle passiert sei, über Nichterreichbarkeit des Ladens für Kunden wegen Straßensperrungen und zeigen Unverständnis über einen „übereifrigen Stadtpolizisten, der pünktlich von 8.15 Uhr an Seiten- und Zufahrtsstraßen kontrolliert und fleißig Knöllchen verteilt hat“.

Auch die Arbeitsweise von verschiedenen Firmen sei teilweise sehr grenzwertig, „wenn drei Mann in ein Loch schauen, wie einer arbeitet“. Die Philippis stellen fest: „Wenn wir so arbeiten würden, wären wir längst bankrott.“

Die finanziellen Ausfälle für Philippi’s Backstube e.K. beziffern die Geschwister auf über 120 000 Euro seit Beginn der Arbeiten auf dem Marktplatz. Auch die Mitarbeiter seien verunsichert, denn „wenn wir nur dieses eine Ladengeschäft hätten, hätten wir bereits mehrere Mitarbeiter entlassen müssen“, heißt es in dem Schreiben.

Bei Dr. Michael Kastratovic summieren sich sie Ausfälle auf rund 20 Prozent des sonst üblichen Umsatzes. „Vor allem ältere Patienten meiden den Weg in die Praxis wegen der fehlenden Parkmöglichkeiten, der schlechten Zuwegung und den vor allem im Winter völlig unzureichenden Beleuchtungsverhältnissen“, stellte der Zahnarzt fest, der sich ebenfalls über nicht existierende Kommunikation vonseiten der Stadt beklagt. Die Gewerbetreiben fragen sich, weshalb der Umbau so lange dauert und aus ihrer Sicht so schlecht koordiniert ist. Denn es gehe hier „um Existenzen, Mitarbeiter, die um ihr Gehalt bangen, und um elf Monate Einschränkungen, Kompromisse und Spagate. Jeden Tag eine neue Herausforderung“.

Die Philippis fragen, ob sich die Stadt schon einmal Gedanken um ein „Entschädigungsmanagement“ gemacht habe, das es in anderen Städten gebe. In Karlsruhe zum Beispiel würden die Betroffenen entschädigt und eingebunden.
 tse