Nachfrage-Boom in der Büdesheimer Philippi-Mühle Mehl-Knappheit im Supermarkt

Viel Arbeit: Die kleinen Mehlpackungen für Privatkäufer müssen per Hand befüllt werden. archiv

Schöneck – „Haben Sie noch Mehl? Wann kann ich vorbeikommen?“ Seit Beginn der russischen Invasion in die Ukraine kann sich die Philippi-Mühle vor Anfragen kaum noch retten. Die Menschen, die sich mit Mehl eindecken wollen, reichen vom Endverbraucher über Pizzerien bis zu Wiederverkäufern. Nach Beginn der Corona-Pandemie vor zwei Jahren ist dies der zweite große Ansturm von Privatkäufern, mit dem Müllermeister Volker Philippi und sein Team umgehen müssen.

Der 59-Jährige, der die Getreidemühle zusammen mit seinem Sohn Patrick in sechster Generation betreibt, profitiert vom boomenden Privatverkauf nur teilweise. „Die kleinen Packungen müssen wir per Hand befüllen. Das ist eine Heidenarbeit“, sagt er. Seitdem die Regale mit Mehl in den Supermärkten wie leer gefegt sind, steht das Telefon kaum noch still. „Direkt nach dem Einmarsch der ersten russischen Truppen ging der Ansturm los. Die Leute haben Angst, dass es nichts mehr gibt, kaufen auf Vorrat“, sagt Volker Philippi.

Einen Mangel müssen die Verbraucher nach Meinung des Experten aktuell jedoch nicht befürchten. „Auch wenn er teuer ist, Rohstoff ist noch da.“ Die leeren Regale im Supermarkt erklärten sich durch Hamsterkäufe, die im Großhandel vermutlich durch neue Preisverhandlungen.

Philippi bezieht sein Getreide aus der Region. Der Weizen aus der Ukraine sei hauptsächlich für die Futterindustrie verarbeitet worden, fehle daher nicht für die Lebensmittelindustrie. Allerdings spüre er den Engpass an Getreide auf dem Weltmarkt auch hier vor Ort. Großbetriebe versuchten vermehrt, im Inland einzukaufen. Eng könne es am Ende der Saison werden, bevor im Juli die neue Ernte eingeholt ist.

Eine weitere Folge des Krieges in der Ukraine: Die Rohstoffpreise haben sich ordentlich erhöht. Philippi muss heute das Doppelte für Getreide zahlen. Der Preisanstieg sei zunächst auf eine magere Ernte im vergangenen Jahr zurückzuführen. Der Krieg habe die Entwicklung beschleunigt. Kosten, die er an seine Kunden weitergeben muss.

Nun versuche er auch, die Endverbraucher von größeren Packungen zu überzeugen. Ein Vorteil für den Ablauf: In dieser Größe lassen sich die Mehlsäcke maschinell befüllen.

Viel Zeit kostet hingegen das Abpacken der kleineren Größen. Dabei geraten die Philippis und ihre beiden Mitarbeiter an ihre Grenzen. Während vor Ausbruch der Corona-Pandemie vor zwei Jahren im Monat rund 400 Kilogramm in den Privatverkauf gingen, waren es in diesem März fast 4000 Kilogramm – die Menge hat sich beinahe verzehnfacht.

Seine Jahresproduktion hat Philippi hochgefahren, da er einen weiteren Großkunden für sich gewinnen konnte. 8000 bis 9000 Tonnen Getreide verarbeitete die Schönecker Mühle früher im Jahr – mittlerweile sind es 10 000 Tonnen. Die kleine Mühle ist rund um die Uhr in Betrieb. Deshalb sei er aktuell auf der Suche nach einem Lehrling.

Die Philippis bitten darum, von Anfragen für Privatkäufe abzusehen. Vorbestellungen werden nicht angenommen. Wer Mehl in kleinen Mengen braucht, kann ohne Termin vorbeikommen. Abholzeiten sind Montag bis Freitag von 7 bis 12 Uhr und 13 bis 16 Uhr. Nur solange der Vorrat reicht.
 fmi