Start des Open-Air-Festivals am Radwerk „No milk today, die Kuh ist nicht okay...“

Wenn sich Vorder- und Hinterteil nicht einig sind: Kindermusical „Alle Kühe fliegen hoch“ auf der Bühne am Radwerk. Foto: dieter kögel

Hanau-Klein-Auheim – Gleich zwei Premieren standen zum Auftakt des ersten Radwerk-Open-Air am Wochenende an der Gutenbergstraße in Klein-Auheim an. Die Organisatorinnen der neuen Kulturreihe im Radwerk, das Ensemble des Hanauer Spielraumtheaters, standen nachmittags mit einem Kinderstück auf der Bühne, abends wurde eine Art Politsatire für die Erwachsenen geboten. Beide Stücke sind bis 19. September noch mehrmals zu sehen.

Das Wetter meinte es am Anfang gut mit den Veranstaltern. Moderate Temperaturen am Freitagabend zum Konzert von Helium 6, sommerliche Verhältnisse am Theatersamstag. Die Coronaregeln werden am Eingang zum Bühnenbereich ernst genommen, Nachweise werden abgefragt. Rund 30 Gäste, Erwachsene und Kinder, sind es am Nachmittag, als Rebecca Brown, Janna Ambrosi und Simone Appel in dem Kindermusical „Alle Kühe fliegen hoch“ vom großen Streit zwischen dem Vorder- und Hinterteil einer Kuh berichten, singen und spielen.

Denn das Hinterteil „Euti“ verliebt sich sehr zum Leidwesen des Vorderteils „Hörnchen“ in einen schönen Vogel, will genauso fliegen können. Grund genug für einen anschwellenden Streit mit bösen Folgen: „No milk today, die Kuh ist nicht okay...“ Doch dem Vogel gelingt es mithilfe der Kinder im Publikum, die widerstreitenden Teile der Kuh wieder zu vereinen und das Happy-End perfekt zu machen.

Ohne Happy-End auskommen musste abends das kammerspielartige Theaterstück „Ich bin wie ihr – ich liebe Äpfel“ von Theresia Walser. Die Autorin schickt die Frauen ehemaliger Despoten in eine Talkshow, in deren Verlauf unter der Leitung des Dolmetschers Gottfried über die Verfilmung dieser Frauenleben gesprochen werden soll. Teilnehmer der illustren Runde sind Frau Imelda, Gattin des ehemaligen philippinischen Diktators Marcos, Frau Leila, die mit dem tunesischen Despoten Ben-Ali verheiratet war, und Frau Margot, die ihr Leben an Honeckers Seite verbrachte. Und der Dolmetscher Gottfried, dem Andreas Schlicht gekonnt die Showmasterseele verleiht, legt mit seinen eigenwilligen Übersetzungen sogar noch Feuer an die Lunten. Showmaster ist eben ein Beruf, „den der Teufel schuf“, heißt es in einem Lied, und für die drei Frauen sind die Showmaster „die wahren Kriegstreiber.“

Die drei Frauen sind in der Vergangenheit hängen geblieben. Frau Margot – Rebecca Brown gibt mit erhobener rechter Faust und entsprechenden ideologischen Phrasen eine immer noch systemtreue Stütze des Arbeiter- und Bauernstaates. Frau Imelda, stark charakterisiert von Simone Appel, zehrt noch immer davon, dass sie mit Fidel Castro um die Insel Kuba fahren durfte, und Frau Leila, überheblich und unnahbar von Janna Ambrosi gezeichnet, verzweifelt schier daran, dass Schauspielerinnen, die ihr Leben spielen könnten, bereits alle tot sind.

Das Kindermusical „Alle Kühe fliegen hoch“ ist am noch 3., 12. und 19. September jeweils um 16 Uhr zu sehen. Das Stück „Ich bin wie ihr - Ich liebe Äpfel“ wird noch einmal am 9., 17. und 18. September jeweils um 19 Uhr gezeigt.
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