Markwaldsiedlung soll aufgehübscht werden Wohnquartier mit „kalter Nahwärme“

Durch die Neubauten sollen ganz neue Plätze in der Markwaldsiedlung entstehen. Das Wohnquartier würde den Plänen zufolge aufgewertet. Bild: pm

Erlensee – Die Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte Wohnstadt will die Markwaldsiedlung in Erlensee zu einem der innovativsten Wohnquartiere Deutschlands weiterentwickeln. Dies zumindest berichteten Vertreter der Gruppe im Umwelt- und Bauausschuss der Stadt Erlensee. Noch muss die Stadt Erlensee den Bebauungsplan jedoch als rechtliche Grundlage beschließen.

Projektleiter Nihat Eyisoy, und Tobias Reichert, verantwortlich für das Energiekonzept, erläuterten für die NHW das Bauvorhaben, Mischa Bosch, Mäckler-Architketen aus Frankfurt, legte das städtebauliche Konzept dar und Frauke Bonewitz von der Planungsgruppe Thomas Egel erklärte den Bebauungsplan und seine Festlegungen.

Die Markwaldsiedlung besteht aus Wohngebäuden aus den 1930er- und 1970er-Jahren, die in einer lockeren Zeilenbebauung auf etwa 3,7 Hektar stehen. Bis auf drei Gebäude soll der zum Teil unter Denkmalschutz stehende Bestand nach und nach grundlegend modernisiert werden. Zusätzlich werden etwa 160 Wohnungen neu errichtet, davon 30 Prozent als geförderter Wohnungsbau und 70 Prozent als „normale Wohnungen“. Die neuen Gebäude werden den Plänen nach so eingefügt, dass sie eine neue Ordnung als Quartier bilden und Straßenräume und Plätze als öffentlichen Raum fassen.

Auf dem Areal erhalten bleiben sollen die Eichenbestände. Das Gebiet ist über zwei Bushaltestellen und einem querenden Radweg gut ohne PKW erreichbar. Mit Blick darauf und die künftige Entwicklung plant die Nassauische Heimstätte Wohnstadt mit einem Stellplatzschlüssel von 0,8 bis 0,86. Das heißt, nicht jeder Wohnung wird einer der oberirdischen Stellplätze zugeordnet. Vor allem dieser Punkt führte zu Fragen der Ausschussmitglieder und längeren Diskussionen, doch letztlich setzten sich die Argumente der Bauherrin und Pragmatismus durch: Man kann und will nicht alles zupflastern und der Platz ist endlich.

Sehr innovativ ist vor allem das Energiekonzept für die Markwaldsiedlung, das Thomas Reichert vorstellte. Seiner Kenntnis nach gäbe es so ein Konzept in ganz Deutschland noch nicht, sagte er. Die Grundidee ist die „kalte Nahwärme“. Sogenannte „kalte Wärmenetze“ werden mit sehr niedrigen Temperaturen meist zwischen zehn und 25 Grad Celsius betrieben. Da diese Temperatur nahe an der Umgebungswärme liege, gebe es so gut wie keine Wärmeverluste. Für die locker bebaute Markwaldsiedlung, die ein sehr weitläufiges Netz braucht, sei das ein eindeutiger Vorteil. Neu und innovativ ist, dass dieses „kalte Wärmenetz“ aus drei Wärmequellen gespeist wird, die miteinander verbunden sind: über die Abwasser-Abwärme, über Geothermie und über Luft-Wärmepumpen, um die Spitzenlast zu decken. Die Nutzung der Abwasserwärme über ein hierfür bereits erprobtes System biete sich an, da die über 80 Jahre alten Rohrleitungen erneuert werden müssen. Mit der Erneuerung werden Abwasser und Niederschlagswasser getrennt abgeleitet. Das Regenwasser wird in einer Zisterne gesammelt und steht für die Bewässerung der Pflanzen zur Verfügung.

50 Prozent der Wärme im „kalten Nahwärmenetz“ wird über das Abwasser erzeugt, ein Anteil, der in dieser Höhe selbst Reichert überrascht hat. „Das Abwasser hat ganzjährig ein Temperaturniveau von 15 bis 20 Grad Celsius.“ Um die Erdwärme nutzen zu können, ist ein Sondenfeld mit etwa 70 Bohrungen geplant, das bis etwa 80 Meter in die Tiefe geht. Auf allen Dächern – Bestand und Neubau – sind Photovoltaikanlagen geplant. Mit Emissionen von 0,9 Tonnen CO2 pro Wohneinheit und Jahr ohne Photovoltaik sei die Energieversorgung in der Markwaldsiedlung klimaneutral.

Zum Vergleich: Heizen mit Gas emittiert nach Angaben der Experten zwölf Tonnen CO2 pro Wohneinheit im Jahr.

Letztlich befürworteten alle Mitglieder des Bau- und Umweltausschusses den Bebauungsplan mit seinen Festsetzungen und stimmten auch für den städtebaulichen Vertrag, der unter anderem den Flächentausch zwischen Stadt und dem Investor sowie weitere Details für etwa Straßen und Kanäle regelt.
 upo