Der Verein „LUIS hilft“ trifft mit seinem Angebot für depressive Menschen den Nerv der Zeit Angebot für alle wird erweitert

Angebot mit Strahlkraft über die Kreisgrenzen hinaus: Matthias Bork (links) und Jörg Engelhardt haben 2023 den Verein „LUIS hilft“ ins Leben gerufen, um depressiven Menschen zu helfen. Bild: m

Obertshausen – Die Strecke von Groß-Umstadt nach Obertshausen beträgt mit dem Auto etwas mehr als 30 Kilometer. Je nach Verkehr ist das eine gute halbe Stunde Fahrt. Und demnächst wird jemand aus Aschaffenburg angereist kommen. Dass Menschen solche Wege auf sich nehmen, um an einer Selbsthilfegruppe für depressive Männer teilzunehmen, spricht einerseits für den Leidensdruck, andererseits für den Bedarf des Angebotes.

Auch aus Karben, Bruchköbel oder Rodgau kommen die Männer montagabends ab 19 Uhr in die Räume in der Pfarrer-Schwahn-Straße 16. Während die Selbsthilfegruppe seit gut acht Jahren existiert, besteht, sozusagen als Dachorganisation, der Verein LUIS hilft seit Mai 2023 und ist seit dem Oktober vergangenen Jahres als gemeinnützig anerkannt. Die Abkürzung LUIS steht für „Leistungen“, „Unterstützung“, „Information“ und „Selbsthilfe“.

Gleich gut sichtbar war der Verein als Mitorganisator des Obertshausener Beitrags der bundesweiten „Woche der seelischen Gesundheit“ im Oktober 2023, mit etwa einem beeindruckenden Vortrag der Frankfurter Psychiaterin Christiane Schlang im Familienzentrum. „Diese Woche hat uns Zulauf gebracht“, sagt Jörg Engelhardt, neben Matthias Bork Initiator von Selbsthilfegruppe und Verein. Auch in diesem Oktober wird es wieder so eine Vortragswoche in Obertshausen geben.

Das Vereinsprogramm ist die Weiterentwicklung der Selbsthilfegruppe, weil es alle Geschlechter und ebenfalls unabhängig vom Wohnort anspricht. Zum Angebot gehörten 2023 versuchsweise Workshopprogramme von den beiden Therapeutinnen Annette Elm und Andrea Filsinger (für Angehörige von Kranken), die zwar moderat kostenpflichtig waren, aber so gut nachgefragt wurden, dass sie in diesem Jahr erweitert werden: Claudia Kapraun wird einen Achtsamkeitskurs für Menschen mit Depressionen geben und sich dafür am 28. Februar bei einem Kennenlernabend vorstellen.

Engelhardt kann sich gut erklären, warum sein Vereinsangebot so gut angenommen wird: „Es ist niedrigschwellig, ohne vorherige Behördengänge und nicht in einem abgelegenen Gebäude.“ LUIS hilft unterscheidet sich damit etwa vom Sozialpsychiatrischen Dienst von Stadt und Kreis Offenbach.

Beide Einrichtungen oder Angebote ergänzen sich und sind notwendiger denn je, das belegen Zahlen vom Robert-Koch-Institut (RKI). Während 2019 etwa 11 Prozent der erwachsenen deutschen Bevölkerung depressive Symptome zeigten, waren es 2021 gut 13 Prozent und ab dem zweiten Halbjahr 2022 sogar 20 Prozent. In allen Geschlechter-, Alters- und Bildungsgruppen sei über den Beobachtungszeitraum (April 2019 bis Mai 2023) hinweg ein Anstieg depressiver Symptome zu verzeichnen, schreibt das RKI. Bemerkenswert: „Als einzige Gruppe liegt die niedrige Bildungsgruppe seit Mitte 2022 durchgängig bei deutlich über 20 Prozent mit einer auffälligen Belastung und die hohe Bildungsgruppe deutlich darunter“, heißt es weiter.

Bei LUIS hilft trifft sich ein Querschnitt der Bevölkerung – mit einem großen Zusammenhörigkeitsgefühl, wie Engelhardt betont. „Dass es bei uns keine Rolle spielt, aus welcher gesellschaftlichen oder finanziellen Schicht jemand kommt, ist auch ein Grund für unseren Erfolg.“

Von Steffen Gerth