Tankstellen waren Thema beim jüngsten Babbelstammtisch Diesel, Super und Benzin

Neue Medien im Dienst der Heimatgeschichte: Thomas Zeiger präsentierte auf dem Bildschirm

Obertshausen – Wenn Obertshäuser ins Erzählen kommen, dann kann der Abend lang werden. Genau darum geht es beim Babbel-Stammtisch im Karl-Mayer-Haus, ums Austauschen, Besserwissen und Erinnerungen-Wachhalten. Dazu trifft sich an jedem ersten Mittwoch im Monat eine illustre Runde reiferer Jahrgänge, die noch eifrig mitreden können, wenn es um das Obertshausen der Nachkriegsjahre geht.

Und gerade das Dorf um das verbliebene Gemäuer der Burg im Hain veränderte sich in den Zeiten des Wirtschaftswunders rasant, stellt Thomas Zeiger immer wieder fest. Das führte sich der offene Kreis jetzt vor Augen, als es um ehemalige Tankstellen in der Gemeinde ging. Der Organisator hat einige Schwarzweiß-Fotos von den beschaulichen Betrieben besorgt, die damals über die ganze Gemarkung verstreut waren.

Oft reichte ein Grundstück zwischen Einfamilienhäusern für eine oder zwei Zapfsäulen. Dazu baute die Mineralölgesellschaft eine bescheidene Unterkunft für den Tankwart, der anfangs nur Öl bereithielt, vielleicht ein paar Ersatzräder und Scheibenwischer. Oder es war eine Werkstatt angegliedert, wie an der Brüder-Grimm-/Ecke Geleitstraße, wo später viele Jahre der spanische Elternverein residierte.

In spanischer Hand ist auch eine weitere ehemalige Tanke, die kaum 200 Meter weiter an der Ecke Grenzstraße stand und großzügig bemessen war.

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An der Beethovenstraße machten Zeiger und Klaus Scheitler vom Heimat- und Geschichtsverein gleich drei Firmen aus. Die erste warb an der Ecke Schulstraße, schräg gegenüber dem Freizeitpark, um Kundinnen und Kunden. Heute werden dort Bücher verkauft.

Einen Steinwurf entfernt, im Dreieck mit Quer- und Rathenaustraße, gab’s ebenfalls Treibstoff, erinnerte sich Stammtisch-Gastgeber Zeiger. Eine weitere Gelegenheit, an Benzin zu kommen, bot sich in Höhe der Hausnummer 43. Heute als Gaststätte genutzt wird der Standort an der Friedhofstraße/Im Hain. Auch jenseits der Bahnlinie hielten Geschäftsleute den Service für Autofahrer bereit. Bei DKW Lotz in der Alexanderstraße wurden auf dem jetzigen Areal der Seniorenanlage Haus Georg auch Kfz verkauft und repariert.

Die aktuell einzige Möglichkeit, innerhalb des Orts den „Tiger in den Tank“ zu bekommen, bietet sich an der Heusenstammer Straße. Auch dieses Unternehmen begann in kleinem Format, wie alte Fotos zeigen. Das Team hat die Motive eingescannt und warf sie auf die weiße Wand im Erdgeschoss des Heimatmuseums.

Rasch gerieten die rund 20 Besucherinnen und Besucher ins Plaudern, diskutierten, wo sich weitere Tankstellen befanden. „Damals gehörten fast alle Tankstellen der Familie Grassan, die ihre Flächen an die Mineralölkonzerte verpachteten“, hieß es aus der Runde. „Obertshausen hatte für seine Verhältnisse sehr viele Tankstellen“, resümierte Zeiger. „Dazu nutzten einige Bauern eigene Zapfsäulen für ihre Traktoren, auch manche Firmen hatten betriebsinterne Anlagen.“

Die Idee zum Babbel-Stammtisch entstand vor einigen Jahren auf dem Weinfest. „Kennste den?“, fragte ein Tischnachbar den ehemaligen Lehrer. Zeiger grübelte und entschied, ein Treffen für alle Obertshäuser ins Leben zu rufen, bei dem Erinnerungen wachgehalten werden sollen. So unterhielt sich die Runde schon über Lebensmittelgeschäfte, Metzgereien, Gaststätten, Lederwaren-Buden, alte Straßennamen und frühere Ortsansichten, die sie mit aktuellen Ansichten verglich. „Wir verfolgen die Entwicklung der Gemeinden zur Stadt“, fasste Zeiger zusammen.

Gesammelt haben sie aber auch seitenweise Uznamen bekannter Bürger. „Manchmal projiziere ich nur Bilder, und die Leute fangen an, über die Motive zu reden.“ Um wieder Ruhe herzustellen und die Gespräche zu ordnen, „muss man schon mal auf den Tisch hauen“, verriet der Pädagoge schmunzelnd. Aber das Karl-Mayer-Haus sei schließlich ein „Mitmach-Museum: Die Leute wollen Geschichten hören“. Und wenn es wieder Hausmacher Wurst und Weißwein gibt, „kommen noch mehr“, erläuterte der Initiator, „und sie bleiben länger“.

Der nächste Stammtisch ist am 1. Juni um 18 Uhr im Karl-Mayer-Haus, das Thema ist noch offen.

Von Michael Prochnow