Trotz Drogenhandel und Waffenbesitz nur zu einer Geldstrafe verurteilt Obertshäuser kommt im Prozess mit blauem Auge davon

Verteidiger Martin Breunig nimmt das Urteil für seinen Mandanten sofort an. Foto: man

Obertshausen (man) – Der Prozess gegen einen Obertshausener zog sich über drei Verhandlungstage hin, bis Richter Manfred Beck vor dem Schöffengericht in Offenbach das Urteil sprach. Die Staatsanwaltschaft ging ursprünglich von Cannabis-Handel aus, der sich insgesamt im vielfachen Kilobereich bewegt habe. Das hätte für den 25-Jährigen einen längeren Aufenthalt im Gefängnis bedeutet. Am Ende geht der Angeklagte mit 140 Tagessätzen á 40 Euro nach Hause.

Sein Verteidiger Martin Breunig gestikuliert nach der Urteilsverkündung wie ein Schachspieler Richtung Staatsanwalt, der ein Remis vorschlägt. Beide erklären sich noch im Saal mit dem Urteil einverstanden.

Im Oktober 2016 erschien die Polizei in Obertshausen im Elternhaus des Mannes zur Durchsuchung. Zuvor war den Beamten ein mutmaßlicher Kleindealer ins Netz gegangen. Der wollte über seinen Lieferanten eigentlich nicht reden, kam dann aber doch ins Plaudern und behauptete, während eines längeren Zeitraums alle fünf Tage 100 Gramm Marihuana von P. erstanden zu haben. Beim Angeklagten fanden sich neben 9,62 Gramm Haschisch und 35,2 Gramm Marihuana noch 28 Ecstasy-Pillen, außerdem ein Zettel mit Namen und Beträgen. Das wirkte wie eine Kundenliste. Der Angeklagte will nicht schweigen: „Wo fang ich nur an?“_ „Am besten von vorne“, rät sein Anwalt Martin Breunig. Wie die meisten, die wegen Drogenhandel vor Gericht sitzen, behauptet auch der 25-Jährige, er habe nur konsumiert, nicht verkauft. P. erklärt, den 27-jährigen, der ihn beschuldigt hatte, kenne er nur flüchtig, „vielleicht dreimal auf der Straße oder im Skatepark gesehen“. Er hätte sagen können, wie er heißt, mehr aber nicht.

Richter Beck kommt es seltsam vor, dass sich das Marihuana von P. in zehn handelsüblich portionierten Tütchen befand. Wenn er tatsächlich einen Rabattvorteil habe nutzen wollen, wie er behaupte, dann kaufe man das in einem Beutel, „nicht in lauter Tütchen“. Für die Ecstasy-Pillen habe er zwei Euro pro Stück bezahlt. P. erklärt dazu, er habe gerne in der Technoszene gefeiert, „dafür waren die bestimmt“. Er habe aber schon bevor die Polizei ihn in Visier nahm, vorgehabt, keine Drogen mehr zu nehmen. Der Anlass: vor fünf Jahre war der junge Mann unter Rauschmitteleinfluss Auto gefahren. Weil die Polizei ihn während der Probezeit erwischte, ist der Führerschein seitdem weg, was ihm beruflich schade. Heute nehme er keine Drogen mehr. Das behaupten ebenfalls fast alle Angeklagten. P., der aus gefestigt familiären Verhältnissen stammt, kann seine Abstinenz jedoch mit dem Nachweis mehrerer in der Universitätsklinik Frankfurt entnommener Haarproben belegen. Bei der Durchsuchung hatte die Polizei noch einen Elektroschocker, ein Butterflymesser, einen Schlagring und polytechnische Munition gefunden. Verbotene Gegenstände, die der Angeklagte als längst in den Untiefen des Schranks vergessene Sammelstücke beschreibt.

Der Hauptbelastungszeuge konnte zu den ersten beiden Terminen nicht erscheinen. Eine ladungsfähige Anschrift hatte dem Gericht nicht vorgelegen. Dass er dann doch auftaucht, bringt den Prozess nicht weiter. Weil das Verfahren des Zeugen in der Sache noch aussteht, beruft er sich auf sein Recht, nichts zu sagen, weil es sich sonst selbst belastete. Ohne seine Aussage fehlt der entscheidende Baustein, P. wegen Drogenhandel im großen Stil zu verurteilen.

Zum letzten Prozesstag erscheint in Vertretung ein anderer Staatsanwalt. In seinem Plädoyer erklärt er, die Polizeiaussage des verhinderten Zeugen sei zwar äußerst detailliert gewesen, was für einen Wahrheitsgehalt spreche.

Der mutmaßliche Kleindealer habe aber erst betont, aus Angst vor seinem Lieferanten lieber nichts sagen zu wollen, „der Angeklagte wirkt aber nicht wie jemand, der ängstigen kann“. Es sei möglich, dass der Mann der Polizei zwar eine wahre Geschichte erzählte, aber die Täterrolle mit der falschen Person besetzte. Wegen Drogen- und Waffenbesitz fordert der Staatsanwalt eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen á 40 Euro. Martin Breunig sieht das ähnlich, findet aber, „90 Tagessätze reichen“. Richter Manfred Beck und die beiden Schöffen verurteilen P. jedoch wegen Drogenhandel und Waffenbesitz zu 140 Tagessätzen.

Beck zielt aber nur auf die geringe Menge, die sich bei der Durchsuchung fand, „für Handel sprechen Tütchen und Listen“.