Rodgau: Baumschnittlehrgänge des OGV Hainhausen Erst der richtige Schnitt lässt Bäume Obst tragen

Baumschnittseminare haben nach wie vor Konjunktur. Obwohl immer weniger Bürger einen eigenen Garten mit Obstbäumen besitzen, kamen 27 Interessierte zur Veranstaltung des OGV Hainhausen. Foto: Pulwey

Rodgau (pul) – „So eine Schere kaufe ich mir auch“, hieß es beim Obst- und Gartenbauverein (OGV) aus den Reihen der Seminarteilnehmer. Gutes Handwerkszeug, wie die elektrische Schere des Seminarleiters, braucht es für den Baumschnitt schon. Einmal eine scharfe Säge angesetzt und schon fallen die Äste zu Boden.

Der OGV engagierte für sein Obstbaumschnittseminar Carsten Liebelt vom MainÄppelhaus-Lohrberg. Mit seiner Expertise ist der Frankfurter seit Jahren ein gefragter Mann in der Region.

Die erste Vorsitzende Sabine Liebich freute sich über die vielen Externen, die auch aus umliegenden Städten nach Hainhausen kamen.

Derweil gab Carsten Liebelt aus dem Geäst der Obstbäume gute Hinweise für den richtigen Schnitt. Was die Teilnehmer zuvor in der Theorie im Alten Rathaus Hainhausen gelernt hatten, wollten sie sogleich im praktischen Beispiel umgesetzt wissen: „Muss dieser Ast nicht auch ab?“, kam die Frage von den Gästen. Ritzeratze, und schon fiel wieder ein Ast vom Baum.

Schneiden will gelernt sein

Aber allzu schnell darf ein Obstbaumfreund nun auch wieder nicht mit der Säge sein. „Das schneide ich noch nicht ab“, erläuterte Carsten Liebelt. Bei dem kleinen Apfelbaum ließ sich noch nicht erkennen, ob dies eine Blüte wird oder nicht.

Die Fachbegriffe flogen zwischen Publikum und Fachmann hin und her: Jahrestrieb, Konkurrenztrieb und Gelbtafel machten die Runde.

Schon in jungen Jahren sollte die Schere bei Bäumen angesetzt werden, so Liebelt. Probleme entstehen beispielsweise durch den Winkel des Asts im Verhältnis zum benachbarten Geäst. „Das hätte von Anfang an anders geschnitten werden müssen“, informierte er und verwies damit auf die Tatsache, dass Bäume schon ganz früh im Leben Schnitt für den richtigen Wuchs gebrauchen können.

Kommt der Ast schon dieses Jahr weg oder erst im zweiten Arbeitsgang im nächsten Jahr? Carsten Liebelt gab die Antworten.

Laut dem Frankfurter muss Halb- und Hochstamm-Gewächsen nicht jedes Jahr mit Schere und Säge zu Leibe gerückt werden. In der Erziehungsphase, den ersten fünf bis sieben Jahren, gilt es jährlich zu schneiden. So erzielt der Gartenfreund ein fruchtbares Krongerüst. Danach reduziert sich das Schneiden auf alle zwei bis drei Jahre.

Bei kleinwüchsigen Baumformen wie Stindel, Buschbaum und schlanke Spindel muss jedes Jahr mit der Schere gearbeitet werden. Ziel ist immer ein Grundgerüst mit drei bis vier guten Tragästen und im Kronbereich kurze Gerüstaststummel und Fruchtholz direkt am Stamm, so Liebelt.

Häufig machen Laien den Fehler Jungholz einzukürzen, das später tragen soll, Jahrestriebe werden reduziert, weil sie nicht in die Form des Baumes passen. Dabei tragen viele Obstarten wie Apfel, Birne, Pflaume und Süßkirsche erst im mehrjährigen Astbereich. Wenn der Jahrestrieb eingekürzt wird, treibt das Holz aus bevor es sich umbildet in einen Blütentrieb. „Wenn ich einen jungen Trieb vor mir habe der tragen soll, muss die Schere weg“, so Liebelt.

Immer noch rücken viele Hobbygärtner mit der Giftspritze gegen Insekten vor. Auch dafür hatte Carsten Liebelt Tipps parat: Im Kampf gegen die Kirschfruchtfliege helfen die oft genutzten Gelbtafeln kaum. Die Eier der Kirschfruchtfliege werden in die Frucht gelegt, wenn sich deren Farbe von Grün nach Gelb ändert. Eine gelbe klebrige Tafel soll die Insekten zur dortigen Eiablage animieren und so auf der Klebefalle für deren Tod sorgen. „Das ist aber kein vertretbarer Aufwand“, sagt Carsten Liebelt, zu viele Tafeln müssten in den Baum, außerdem verenden an der klebrigen Falle auch andere Insekten wie Marienkäfer, Florfliegen, Schwebfliegen und Marienkäferlarven. Alles Tiere, die im Garten als fleißige Helfer angesehen werden.

Gegen die Mehlige Apfellaus, den Frostspanner und die Gespinstmotte kann mit Neemöl vorgegangen werden. Es wird eingesetzt, kurz bevor die Blüten aufgehen. Gegen den Apfelwickler hilft der Wirkstoff Granulosevirus.

Zuletzt war der OGV vor sechs Jahren Gastgeber eines Schnittlehrgangs. Der Verein will bildlich mehrere Äcker bestellen und Informationen sowohl über die Pflege von Obstbäumen unters Volk bringen als auch Menschen ansprechen, die im Garten oder auf dem Balkon sich mit Beeren- und Rosenschnitt oder mit der Rasenpflege befassen wollen.

Die Teilnehmer packten die abgesägten blütengesäumte Ästen ein und gestalteten damit zu Hause Ostersträuße.