Hainburgs Straßen bekommen niedrige Bordsteine und Bodenleitsysteme Weg in die Barrierefreiheit

Hainburgs Bürgermeister Alexander Böhn: „Wo die Kapazität vorhanden ist, werden wir taktile Elemente miteinplanen.“ Bild: lisa löw

Hainburg – Menschen mit Rollator, Rollstuhl, Kinderwagen und Kinder, die auf dem Bürgersteig Rad fahren – für sie alle ist der Antrag „Bordsteinabsenkungen an Kreuzungen und Überwegen“ vom Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/Grüne, Cliff Hollmann gedacht. 26 Stellen in Hainstadt und Klein-Krotzenburg, an denen die Gehwege bis zu zehn Zentimeter hoch sind, hat die Partei in der Gemeindevertretung beanstandet.

Damit gehbeeinträchtigte Menschen gefahrlos und barrierefrei zur Kirche, zum Rathaus und zum Supermarkt über die Straße laufen können, sollen die Kanten auf einen Zentimeter abgesenkt werden, sagt Hans-Peter Bicherl, Beigeordneter im Gemeindevorstand (Grüne). So wie die Kreuzung Am Kiefernhain/Am Waldmorgen, die sowohl von Kita- und Grundschülern als auch von Senioren des Wohnheims genutzt werde.

Niedrige Bordsteine fördern auch die autofreie Nahmobilität, davon ist Bicherl überzeugt. Denn dort ist das Parken verboten. Folglich könne und müsse nicht jeder Weg unter zwei Kilometern mit dem Auto zurückgelegt werden.

Der Antrag sei das Ergebnis einer Umfrage über Lebensbedingungen in Hainburg im „Grünen Blättchen“, erzählt Hollmann. Seit dem 16. Oktober 2023 waren die hohen Bordsteine Thema in mehreren politischen Sitzungen. Der ursprüngliche Antrag verpflichtete die Verwaltung, die Absenkungen vorzunehmen. Das sei auf Wunsch der CDU insbesondere wegen der Kosten geändert worden. Die Verwaltung ist seit dem einstimmigen Beschluss der Gemeindevertretung am 26. Februar nun nicht mehr in Handlungszwang, sondern muss die 26 Stellen lediglich prüfen: „Das ist aus unserer Sicht ein Kompromiss, mit dem wir leben können“, sagt Hollmann. Auch sollen zuerst die Straßen ausgebessert werden, die im Investitionsprogramm ohnehin saniert werden. Beispiele hierfür seien laut Bürgermeister Alexander Böhn (CDU) die Mühlgasse und die Angergasse, die als „Verkehrsmischfläche“ barrierefrei im Ortsteil Hainstadt werden sollen sowie die Erneuerung der Retzer Straße.

Böhn zeigt sich bei einer Rundfahrt durch die Straßen in Klein-Krotzenburg recht optimistisch: „Wir haben für die Straßensanierung jährlich insgesamt ein Budget von 150 000 Euro und werden einen Teil davon für die Bordsteine nutzen.“ Bei einer Absenkung müssten drei Kanten heraus gesetzt werden, was 1 500 Euro koste. Unabhängig vom Kostenfaktor sei dies aufgrund enger Gassen aus Platzmangel nicht immer möglich: „Der Bürgersteig ist so schmal, da kann ich keine Höhe rausnehmen“, sagt Böhn und zeigt auf eine kleine Ecke an der Kirchstraße. Besonders begrenzt ist auch der Bürgersteig an der katholischen Kirche und in der Krotzenburger Straße. Autos, die auf den eingezeichneten Parkplätzen stehen, drosseln die Fahrtgeschwindigkeit für den Fließverkehr auf Schrittgeschwindigkeit herunter. Platz zum Laufen, Kinderwagenschieben und Radfahren gibt es dann nur auf der gegenüberliegenden Seite – allerdings passen dort kaum zwei Fußgänger nebeneinander: „Hier ist alles so eng, dass wir die Straße komplett ebenerdig gemacht haben“, sagt Böhn. So ist die Straße zwar dicht, aber barrierefrei.

Dass es auch anders geht, wird in der Kennedystraße sichtbar: Eine weite Fahrbahn, dazu rechts und links ein breiter Bürgersteig. Die Bordsteine wurden auf einen Zentimeter abgesenkt und sogar ein Bodenleitsystem eingebaut. Die Rillen zwischen diesen weißen Streifen führen sehbehinderte Menschen mit einem Blindenstock zu den niedrigen Kanten und ermöglichen so ein sicheres Passieren zur anderen Straßenseite: „Wo die Kapazität vorhanden ist, werden wir diese taktilen Elemente miteinplanen“, erzählt Böhn.

Dennoch glaubt Hans-Peter Bicherl nicht, dass Hainburgs Straßen nach der Ausbesserung dieser 26 Stellen gefahrlos und barrierefrei genutzt werden können. Daher haben die Grünen zukünftig weitere Anträge geplant. Sie fordern das Verbot des Gehwegparkens, da Fußgänger und insbesondere Kinder an Schulen nicht ausreichend Platz auf dem Bürgersteig hätten.

Die Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED-Lampen sei auch nach zwölf Jahren immer noch nicht abgeschlossen. Ebenso sollen auch die restlichen Bushaltestellen sowie der Zugang zum Schleusensteg barrierefrei werden. Mehr verkehrsberuhigte Zonen mit Schrittgeschwindigkeit wie an der katholischen Kirche in Klein-Krotzenburg seien ebenso wichtig wie eine Sanierung der Radwege am Mainufer und entlang der Landstraße nach Seligenstadt. Zudem setzten sich die Grünen für das Konzept „Beispielbare Stadt“ mit Spielgeräten auf dem Schulweg zwischen Gutenbergschule und Dependance am Kiefernhain ein.

Von Lisa Mariella Löw