Stadt ehrt ehemaligen Richter Horst Schäfer mit Kulturförderpreis Ein Leben für die Gesellschaft

Stadtverordnetenvorsteherin Andrea Wacker-Hempel und Bürgermeister Dieter Lang überreichen Horst Schäfer den Kulturförderpreis.

Dietzenbach – Anlässlich des Neujahrsempfangs hat die Stadt Horst Schäfer mit dem Kulturförderpreis geehrt. Dabei zeigte sich während der Laudatio von Stadtverordnetenvorsteherin Andrea Wacker-Hempel, dass das jahrelange Engagement des Preisträgers auch gut für mehrere Leben gereicht hätte.

Schäfer wirkte viele Jahre als Richter am Verwaltungsgericht in Wiesbaden und hat auch bei Asylverfahren mitgewirkt, wie Wacker-Hempel erläuterte. So sei er bei dem Verfahren der Familien Khateeb und Al Khatep, die aus Palästina nach Dietzenbach geflohen waren, nicht nur juristischer Berater und Begleiter bei Behördengängen gewesen. Sondern: „Er hat auch ganz praktisch mit angepackt und zum Beispiel bei der Einrichtung einer neuen Wohnung Hand angelegt“, verdeutlichte die Grünen-Politikerin. Zudem zählt Schäfer zu den Mitbegründern des Vereins Zusammenleben der Kulturen sowie der Arbeitsgemeinschaft der Religionen. Für Letztere hat er auch heute noch das Amt des Sprechers inne. Neben der Integration lag dem Dietzenbacher in all den Jahren auch das Thema Schule am Herzen. So war er von 1981 bis 1996 Mitglied der Schulelternbeiräte an der Astrid-Lindgren-Schule (ALS) und der Heinrich-Mann-Schule (HMS) sowie im Landeselternbeirat. Dabei habe er sich dafür stark gemacht, dass an der ALS der erste Beirat ausländischer Eltern in Dietzenbach gegründet wurde, wie Andrea Wacker-Hempel erzählte. Weiterhin etablierte Schäfer gemeinsam mit einer italienischen Mutter im Jahr 1982 die Arbeitsgemeinschaft Dietzenbacher Schulen.

Die wohl größte Errungenschaft, die Dietzenbachs Bildungseinrichtungen Schäfers Einsatz zu verdanken hatten, war jedoch das „Seiteneinsteiger-Projekt“ für die vielen zugezogenen marokkanischen Schüler sowie die Möglichkeit für weitere Lehrerstellen in der heutigen Kreisstadt. Erreicht hatte Schäfer diese Entwicklung durch eine Eltern-Lehrer-Schüler-Demonstration, die er als HMS-Schulelternbeiratsvorsitzender und treibende Kraft in der AG Dietzenbacher Schulen mitorganisiert hatte. Es war die größte Kundgebung, die ein Schulstandort vor dem hessischen Kultusministerium auf die Beine stellte. „Über 50 voll besetzte Omnibusse fuhren damals nach Wiesbaden“, schilderte Wacker-Hempel. Außerdem hatte Schäfer nachdrücklich auf den damaligen Landeselternbeirat eingewirkt und sich so seiner Unterstützung für die Dietzenbacher Sonderreglung vergewissert. „Horst Schäfer war nicht nur in der Bildung innovativ und treibende Kraft“, fuhr Andrea Wacker-Hempel in ihrer Rede fort und leitete somit zu einem weiteren Teil im Leben des Preisträgers über. Denn von 1993 bis 2003 sei er Mitbetreiber und letztlich langjähriger Leiter der nicht-kommerziellen Kunstgalerie im Verwaltungsgericht Wiesbaden gewesen. „Das Ausstellungskonzept war einzigartig, denn mindestens 35 Prozent der Künstler waren nicht-deutsche Künstler“, sagte Andrea Wacker-Hempel in ihrer Rede. Zudem ist der Geehrte seit nunmehr 30 Jahren aktives Mitglied der Dietzenbacher Musikgruppe „Ensemble Saitensprung“.

Weiterhin verhalf der einstige Jurist dem ukrainischen Bildhauer und Maler Valeri Gourski im Jahr 1995 zum dauerhaften Bleiberecht. „Der Künstler verlegte daraufhin seinen Wohnort von München nach Dietzenbach“, so die Laudatorin. Seit Gourskis Tod im Jahr 2006 verwaltet Horst Schäfer dessen künstlerischen Nachlass.

Darüber hinaus ist der Geehrte seit neun Jahren aktives Mitglied im Arbeitskreis Stolpersteine und an deren Verlegung nicht nur in Dietzenbach beteiligt, wie Wacker-Hempel ausführte. Als letzter großer Coup für die Ortsgeschichte hat er die Biografien der Dietzenbacher Juden, NS-Opfer und Täter zusammengetragen und diese in dem Buch „… und tilg nicht unser Angedenken“ niedergeschrieben. Für die Überreichung des Kulturförderpreises durch die Stadtverordnetenvorsteherin Andrea Wacker-Hempel und Bürgermeister Dieter Lang bedankte sich Horst Schäfer. Zugleich jedoch zeigte er sich freudig irritiert angesichts der Ehre, die ihm damit zuteilwurde.

Von Anna Scholze