Beratungszentrum legt seinen Jahresbericht vor Mehr Zeit für Beratung notwendig

Häusliche Gewalt: Im Beratungszentrum Mitte spricht man sich dafür aus, mit den Männern in mindestens zehn Sitzungen arbeiten zu können. Bild: Helder Almeida /stock.adobe.com

Dietzenbach – Das Team des Beratungszentrums Mitte hat den Jahresbericht 2022 vorgelegt. Dabei zeigt sich, dass im vergangenen Jahr aufgrund der Pandemiefolgen sowie der gestiegenen Lebenshaltungskosten mehr Menschen in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind. Auch beklagen Mütter eine schwache soziale Absicherung. Bei der Berufsberatung für junge Menschen ist hingegen weiterhin eine verstärkte Verunsicherung und Motivationslosigkeit feststellbar.

. 328 neue Personen bei Schuldnerberatung

Für das erste Halbjahr 2022 zeigte sich, dass die Menschen unter den Folgen der Pandemie zu leiden hatten. „Teilweise haben Klienten ihre Arbeitsplätze verloren oder mussten aufgrund von Kurzarbeit mit weniger Einkommen auskommen“, teilt Veralyn Wiehl von der Schuldner- und Insolvenzberatung mit. Dies habe zur Folge gehabt, dass Kredite nicht mehr getilgt und Rechnungen nicht beglichen werden konnten. Während der zweiten Jahreshälfte verzeichnete die Beratungsstelle einen stärkeren Zulauf aufgrund von gestiegenen Energie-, Benzin- und Verbrauchspreisen. So haben im Jahr 2022 572 Klienten die Beratungsstelle aufgesucht. Neu hinzugekommen sind 328 Personen.

. Kaum soziale Absicherung

Die Stiftung „Für das Leben“ berät in der Schwangerschaft. Zudem bietet sie finanzielle Unterstützung an. Bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres eines Kindes erhalten junge Familien oder Alleinerziehende etwa Beihilfe für die Erstausstattung. Von 151 Ratsuchenden haben im Jahr 2022 insgesamt 139 Personen die wirtschaftliche Hilfe in Anspruch genommen. Besonders auffällig sei dabei gewesen, dass die Frauen von einer schwachen sozialen Absicherung berichtet haben, wie Anna Krzeminska-Erm vom Diakonischen Werk Offenbach-Dreieich-Rodgau darlegt. So sei etwa das Arbeitslosengeld II oder das Elterngeld in vielen Fällen nicht ausreichend gewesen. Als weitere Schwierigkeit macht Krzeminska-Erm die erheblichen Zeitverzögerungen bei der Ausstellung von Geburtsurkunden aus. Denn dies habe sich auf die Genehmigung von diversen Unterstützungsleistungen ausgewirkt.

.  33 aggressive Männer suchen Beratung auf

  33 Männer suchten im Jahr 2022 aufgrund ihres aggressiven Verhaltens das Beratungszentrum Mitte auf. Aus 2021 wurden zwölf laufende Fälle übernommen. Insgesamt 21 Personen sind im vergangenen Jahr zum ersten Mal in die Beratungsstelle gekommen. Die gestiegene Anzahl an Neuzugängen (18 Klienten im Jahr 2021) sowie an Einzelgesprächen lasse sich dadurch erklären, dass ein Monat länger beraten wurde als zuvor, und dass das Angebot beworben wurde, erläutert Claudia Berg von der Beratung für Männer bei häuslicher Gewalt.

„Auch die Übernahmen aus dem Vorjahr können als Erklärung für den Anstieg der angebotenen Einzelgespräche sowie den Anstieg der Abschlüsse herangezogen werden“, erläutert sie weiterhin. Während die Anzahl der individuellen Gespräche von 136 auf 214 gestiegen sind, wurden im vergangenen Jahr 23 Fälle abgeschlossen. Zuvor waren es noch sechs Fälle. Als Ursache für das Plus bei den Abschlüssen sieht Berg die von den vermittelnden Kooperationspartnern festgelegte Sitzungsanzahl. Zu ihnen zählt etwa das Familiengericht. Claudia Berg hat sich jedoch für mindestens zehn anstelle von drei bis sechs Terminen ausgesprochen, um mit den Männern an ihrem Problem zu arbeiten. Bei dem Angebot für Frauen, die unter häuslicher Gewalt leiden, ließ sich ein gleich hoher Bedarf feststellen. Wie in 2021 waren es hier auch im vergangenen Jahr 132 Fälle.

. Schüler verspüren Verunsicherung

214 Schüler haben das Angebot der „BerufsWegeBegleitung“ (BWB) in Anspruch genommen. Eines der dominierenden Themen in den Gesprächen war, wie bereits seit Mitte 2020 feststellbar, die verstärkte Verunsicherung und Motivationslosigkeit der jungen Menschen, wie Lerke Selbach- Kaleta von BWB berichtet. „Das Thema Prüfungsdruck und Blackouts in Klausuren kam hierbei regelmäßig zur Sprache“, erläutert sie weiterhin. Zudem falle es vielen Menschen schwer, Entscheidungen im Hinblick auf ihre berufliche Zukunft zu treffen.

Von Anna Scholze