HOLOCAUST-GEDENKTAG Musikalische Lesung im Bürgerhaus Ein Abend, der lange nachwirkt

Konzertlesung zum Holocaust-Gedenktag im Bürgerhaus: Georg Praml und Anna Staab beeindruckten bei der Veranstaltung „In Auschwitz gab es keine Vögel“. Foto: jost

Dreieich – Es ist die bedrückende Geschichte des ehemaligen KZ-Häftlings Heiner, der am 5. Juni 1964 beim Frankfurter Auschwitz-Prozess Lena kennenlernt und sich in die Frankfurterin verliebt. Er ist der Zeuge aus Wien, sie die Übersetzerin polnischer Zeitzeugenaussagen.

Ihre Geschichte steht im Mittelpunkt der musikalischen Lesung „In Auschwitz gab es keine Vögel“ zum Holocaust-Gedenktag, zu dem die Stadt, die Bürgerhäuser und der Ausländerbeirat am 27. Januar eingeladen hatten. Der Abend bringt die unfassbare Gewalt und die bestialischen Morde der Nazis in einer sehr klaren Sprache auf die Bühne. Beklemmend und gleichzeitig einprägend.

Die in Hamburg lebende Autorin Monika Held hat mit ihrem Roman „Der Schrecken verliert sich vor Ort“ die Zeitzeugenaussagen des Holocaust-Überlebenden Hermann Reineck in ein Buch gefasst, damit die Details der Nazi-Taten niemals vergessen gehen. Mit dem Kontrabassisten Georg Praml, der sein Instrument eher als Verstärker von Stimmungen nutzt, und den Einspielern des inzwischen verstorbenen Zeitzeugen Hermann Reineck wird den etwa 40 Zuschauern ein Erinnerungsabend geboten, der sicher noch lange nachwirkt. Autorin Monika Held wollte selbst auf der Bühne stehen.

Die Pandemie hat das verhindert, aber die Schauspielerin Anna Staab hat sie mit einer ausdrucksvollen Darbietung gut vertreten.
njo

Fortsetzung auf Seite 4

Die Romanfigur Heiner erinnert sich daran, wie er als gefangen genommener Kommunist und Widerstandskämpfer in Auschwitz-Birkenau ankommt und gemeinsam mit vier Männern in einem Bett mit hunderttausend Flöhen nächtigt. Wie er in Zwölf-Stunden-Schichten Todesnachrichten tippen, sich die Ursachen ausdenken muss sowie auf den Hof des Todestrakts 21 blickt und miterlebt, wie Frauen, Männer und Kinder mit Genickschüssen hingerichtet werden. Dort wurden 20. 000 Menschen erschossen, der Boden war bis auf vier Meter Tiefe mit Blut durchtränkt. Heiner lässt das Lager als Ort des Schreckens nie los, jährlich trifft er sich mit anderen Überlebenden, erzählt Schulklassen von seinen schrecklichen Erinnerungen. Die Zuschauer im Bürgerhaus hören zusätzlich zu den Geschehnissen rund um die Romanfiguren auch Original- Einspielungen des inzwischen verstorbenen Zeitzeugen Hermann Reineck. Die Erfahrungen im Lager waren ein Trauma, das ihn jede Nacht gequält hat und ihn schreiend aufwachen ließ. „Ich weiß nicht, was die Vögel aus Auschwitz vertrieb, aber es gab keine Amsel, keinen Spatz. Nach Auschwitz will kein Vogel“, setzt die Stimme Reinecks den Schlusspunkt der Lesung. njo