Neues Projekt der Stadtbücherei fördert Erhalt alter Sorten / Hochbeet ausreichend Saatgut zum Ausleihen

Saatgut in der Bücherei ausleihen: Linda Hein, Leiterin der Schul- und Stadtteilbücherei Weibelfeldschule, möchte Hobbygärtner dafür gewinnen, sich Gemüsesamen auszuleihen und damit zu helfen, alte Sorten zu erhalten. Bild: Jost

Dreieich – Das Angebot der Dreieicher Stadtbücherei ist groß. Inhaber eines Mitgliedsausweises können sich Bücher, Zeitschriften, Spiele, Hörbücher, DVDs und viele andere Medien ausleihen. Ab sofort steht auch Saatgut in kleinen Tütchen bereit. Hobbygärtner können sich Erbsen, Bohnen, Salat, Gartenmelde oder Tomaten holen und werden auch mit Informationen zum Anbau versorgt.

Linda Hein, Leiterin der Schul- und Stadtteilbücherei Weibelfeldschule, kooperiert für das neue Projekt „Saatgut leihen – Vielfalt ernten“ mit dem Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt (VEN). „Ich fand die Idee ziemlich gut. Es gibt mehrere Projekte in diese Richtung. Ich habe mich für den VEN entschieden, weil bei ihnen auch der Erhalt alter Sorten im Mittelpunkt steht. Die Gartenmelde ist übrigens eine alte Pflanze, deren Blätter als Salat gegessen werden. Wir sind deutschlandweit eine von hundert Bibliotheken, die dieses Konzept nutzen“, erläutert Hein.

Wie soll die „Leihe“ von Gemüsesamen funktionieren? Schließlich müssen Bücher ja zurückgebracht werden. Das Saatgut wird nach einer kurzen Beratung durch eine Büchereimitarbeiterin mitgenommen und zuhause angebaut. „Die Samen stecken in einer Papiertüte. In ihr sind zwei kleinere Tütchen. In einem sind die rund 30 Samenkörnchen von einer der fünf wählbaren Gemüsesorten verpackt. Das zweite Tütchen ist leer und darin können die Gärtner den neuen Samen aus ihrer Ernte zurückbringen“, erklärt Linda Hein. Ein begleitender Newsletter, den die Büchereikunden einmal monatlich auf ihre bei der Ausleihe hinterlegte E-MailAdresse bekommen, hilft bei der Pflege der Pflänzchen. „Mit den Mails kommen die zeitlich passenden Ratschläge. Zum Beispiel: Jetzt müssen die Tomaten ausgegeizt werden oder jetzt ist der richtige Zeitpunkt, die Melde anzupflanzen“, erläutert Hein. In diesen Mails wird dann auch erklärt, wie die Gärtner aus den geernteten Tomaten, dem Salat oder den Bohnen neuen Samen gewinnen, den sie zurückgeben können.

Für die Saatguternte werden drei bis fünf Pflanzen markiert, denn deren Samen sollen reif wachsen. Alle anderen Pflanzen werden für die Küche geerntet. Die Samen müssen gereinigt und getrocknet werden und bekommen im Sommer im Gefrierschrank Winter vorgegaukelt. Im Herbst werden sie dann in die Bücherei zurückgebracht.

Das Projekt ist nicht nur für Menschen mit großen Schrebergärten gedacht, schon ein größeres Hochbeet (optimal: zwei Quadratmeter) auf dem Balkon reicht aus. Das Besondere an dem Samen: Es sind sogenannte Vielfaltsorten. Auf ihnen liegt kein Patent eines Konzerns und sie sind samenfest und können sich an veränderte Klimabedingungen anpassen. Der VEN hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese Sorten zu erhalten, dazu können die Dreieicher mit der Ausleihe jetzt beitragen. Die Samen sind ausschließlich einjährig, das heißt nach dem Einpflanzen durchlaufen sie nur eine Vegetationsperiode. Für den Gärtner bedeutet das schnelle Erfolgserlebnisse.

Die Stadtteilbücherei verleiht die Samen nicht nur, die Schule wird auch selbst aktiv: „Die Schule hat ja inzwischen auch eine Umweltklasse. Die Schüler werden auf dem Schulgelände ein paar Gemüsesorten testen und neben der Ernte auch hoffentlich neuen Samen gewinnen“, hofft die Bücherei-Leiterin. Die Stadtteilbücherei hat während der dreiwöchigen Osterferien geschlossen. Damit das Projekt in dieser jahreszeitlich so wichtigen Phase des Anpflanzens weiterlaufen kann, bieten neben der Hauptstelle an der Fichtestraße in Sprendlingen in den kommenden Wochen auch die Stadtteilbüchereien in Offenthal, Götzenhain und Dreieichenhain eine Auswahl an Gemüse-Saatgut zum Ausleihen an.

Wer sich für das Projekt interessiert, bekommt auf der Internetseite des VEN auf saatgutleihen.de weitere Informationen.
 njo