BURGFESTSPIELE Henni Nachtsheim überzeugt solo nach „Dollbohrer“-Absage Weit mehr als ein Ersatz

Henni Nachtsheim zieht mit seinem Soloprogramm das Publikum schnell in den Bann. Fo: ms Bild: -

Dreieich – Vor diesem Abend habe er Panik gehabt, gesteht Henni Nachtsheim am Freitagabend kurz vor der Zugabe seines Soloprogramms „Null, Null, Sibbe“ bei den Burgfestspielen. Da Rick Kavanian sein Mitwirken beim eigentlich geplanten „Dollbohrer“ zwei Tage vorher krankheitsbedingt absagen musste, entschloss sich Nachtsheim, sein lange nicht gespieltes Programm herauszuholen, damit der Abend nicht ausfallen musste. Er feilte eifrig an der Wiederaufnahme – und das mit Erfolg. Das Publikum zeigt sich begeistert angesichts einer überaus gelungenen Vorstellung, die weit mehr als ein Ersatz ist.

Lausbubenhaft und mit gehörig Schalk im Nacken babbelt sich Nachtsheim durch die Tücken des Alltags und erzählt Geschichten, von denen einige nicht nur lustig und skurril, sondern einfach schön sind. Man hört ihm gerne zu und fühlt sich gut unterhalten. Nachdem der Manager die gewünschte Eröffnung zur Musik von „Indiana Jones“ unter anderem mit gesprengter Felswand, Showtreppe mit 284 aserbaidschanischen Tänzerinnen sowie Peter Maffay auf einem Elefanten gestrichen hatte, überlegte er mit Freunden am Abend zuvor, was er ohne Rick Kavanian auf der Bühne anfangen soll. Ein Fußball-Statistik-Quiz verwirft der passionierte Eintracht-Fan, auch wenn er genau sagen kann, wer die Tore beim 4:3-Sieg der Eintracht gegen den VfB Stuttgart am 25. August 1973 geschossen hat, wie viele Zuschauer da waren, wie warm es war und wie das Durchschnittsalter der Bratwurstverkäufer war.

Während Nachtsheim mit seinen Fußballkünsten dick aufträgt und einen kleinen Film zeigt, in denen er sich bei legendären Toren per Videoschnitt reingemogelt hat, stapelt er zu Unrecht tief, wenn es um seine Künste beim Vorlesen geht. In der ersten Hälfte gefällt er mit Geschichten über einen Kinobesuch in Berlin mit Hindernissen sowie über Vaterfreuden und die Schwierigkeiten, seinen Kindern etwas auszureden. Urkomisch auch, wenn der Comedian eine alte Fernsehwerbung von Uwe Seeler mit dem Rasierwasser Hattrick auf die Schippe nimmt. Immer wieder kommt er auf den Fußball zurück, wenn es um es den Vergleich zu früher geht oder beim Geständnis, als Eintracht-Fan skeptisch zu sein.

Besonders schön und rührend ist in der zweiten Hälfte die Geschichte über seinen größten Helden. Das ist nicht, wie man vielleicht vermuten könnte, Jürgen Grabowski, sondern ein Einzelhändler aus Neu-Isenburg, bei dem er als Dreikäsehoch seine leckeren rot-schwarzen Gummiteufel erstand – für fünf Pfennige das Stück.

Als schönstes Sporterlebnis enthüllt Nachtsheim das Nachtnacktradfahren bei den Schobbekloppern in Neu-Isenburg. Bei einigen seiner „wahren“ Geschichten kommen durchaus Zweifel auf, ob diese so stattgefunden haben. Das tut dem Vergnügen aber keinen Abbruch. Am Ende zieht der Comedian noch mal alle Register, wenn es darum geht, warum Hessen schlau sind.

An Rick Kavanian gehen schon zu Beginn Genesungswünsche per Video, auf die dieser per Emoji antwortet. Man kann nur hoffen, dass es ihm bald wieder besser geht und dass es 2024 bei den Festspielen ein Wiedersehen mit dem „Dollbohrer“ gibt.
 hok