Comedian Henni Nachtsheim von „Badesalz“ spricht über Unternehmertum „Unabhängigkeit ist ein gutes Gefühl“

Rainer Welzel (links) und Henni Nachtsheim im Gespräch. Bild: Gerd Scheffler/p

Frankfurt/Oberursel (red) – Auf den ersten Blick haben ein Comedian und ein Arbeitgeberverband wenig gemeinsam. Henni Nachtsheim vom Comedy-Duo „Badesalz“ hat diesen Eindruck jedoch auf der Mitgliederversammlung des Arbeitgeberverbandes Hessenmetall Rhein-Main-Taunus schnell widerlegt.

Nachtsheim sprach mit Rainer Welzel, dem Vorstandsvorsitzenden von Hessenmetall und Personalleiter der Siemens AG, darüber, wie er seit 40 Jahren als Unternehmer erfolgreich geblieben ist. „Ich wollte zunächst absagen, weil ich mich in einem komplett anderen Umfeld als üblich bewege. Doch Rainer Welzel hat mich gleich bei unserem ersten Telefonat umgestimmt. Er hat meine Arbeit in diesen ungewohnten Kontext der Wirtschaftswelt gestellt,“ verriet der Komiker.

Nachtsheim ist insbesondere im Rhein-Main-Gebiet eine wahre Institution. Seit 1982 steht er gemeinsam mit Gerd Knebel als Duo „Badesalz“ auf der Bühne. Währenddessen hat er so manche Krise gemeistert und sich immer wieder neu erfunden.

„Euer Geschäft baut auf einer 40-jährigen Freundschaft auf. Wie funktionieren die Abstimmungs- und Entscheidungsprozesse bei Badesalz?“, fragte Welzel. „Wir sind uns schnell einig und haben eine ähnliche Denkweise. Als ich vorgeschlagen habe, dass wir uns von unserer Plattenfirma trennen und ein eigenes Label gründen, war Gerd sofort dabei. Beim Entwickeln von Liveprogrammen fliegen aber schon mal verbal die Fetzen“, berichtete Nachtsheim. Auch Unternehmer müssten oft schwierige Entscheidungen treffen. Die Materie sei anders als bei „Badesalz“, aber die Grundmechanismen blieben gleich.

„Corona hat euch von einem auf den anderen Tag die Grundlage entzogen. Wie seid ihr damit umgegangen?“, wollte Welzel wissen. „Im Sommer 2019 hatten wir ein neues Bühnenprogramm herausgebracht und konnten damit zum Glück noch 30 Mal spielen, bevor Corona uns dann wirtschaftlich getroffen hat und wir 70 Aufritte verschieben mussten“, erzählte der Komiker. Aber „Badesalz“ wollte im Lockdown nicht einfach nur aus dem Fenster gucken und so hat das Duo einen eigenen Podcast kreiert. „Seit September 2020 gibt es jede Woche eine Sendung. Mittlerweile sind wir bei der sechsten Staffel angekommen. Radio Badesalz hat uns während der Pandemie psychisch am Leben gehalten“, sagte Nachtsheim.

Ein fester Programmpunkt bei „Radio Badesalz“ sind die zwei Kunstfiguren Uschi und Rosi, die im fiktiven Retzelbach im Odenwald wohnen. Rund um die beiden Damen hat sich ein Merchandise-Universum entwickelt: Von der eigenen Seife „Retzelbacher Blumenwiese“ über das Parfüm „Jungle of Retzelbach“ bis hin zum Badesalz „Retzelbacher Blubberperle“. Auf die Frage, wie sie mit Rückschlägen umgehen, antwortete der Künstler: „Es gab einige Momente, in denen wir wirtschaftlich in Gefahr waren. Einmal haben uns verlustreiche Investmentfonds in Bedrängnis gebracht. Ein anderes Mal ist ein lukrativer Deal mit einem Fernsehsender kurzfristig geplatzt.“ Die größte Erschütterung sei ein Manager gewesen, der jahrelang Einnahmen vorenthalten habe.

„Man lernt aus solchen Nackenschlägen und wird entschlossener, Dinge alleine zu regeln. Es ist ein gutes Gefühl, unabhängig zu sein und an autonomen Projekten zu arbeiten“, sagte Nachtsheim.

So hat das Duo ohne vorher einen Sender oder einen Streamingdienst zu fragen, in einem Wohnmobil eine Impro-Serie über die Marotten des Campinglebens produziert. Im Herbst soll mit „Badesalz TV“ eine eigene Online-Plattform an den Start gehen, wo diese und weitere Produktionen zu sehen sein werden.

Eine Best-Of-Tournee kommt für Nachtsheim übrigens nicht in Frage. Seine Devise lautet: „Nicht auf den bisherigen Erfolgen ausruhen, sondern immer wieder etwas Neues ausprobieren.“ Diese Innovationslust, Kreativität und Risikobereitschaft lässt sich eins zu eins auf die Unternehmenswelt übertragen. Für das Publikum lieferte Nachtsheim Erkenntnisse, die man von einem Künstler sonst selten so hört.

Auf der Mitgliederversammlung äußerte sich Friedrich Avenarius, Geschäftsführer von Hessenmetall, zur Lage der heimischen Metall-, Elektro- und IT-Industrie. „Wir befinden uns durch den Ukrainekrieg, die Inflation und den Fachkräftemangel derzeit in einem schwierigen wirtschaftlichen und politischen Umfeld“, konstatierte Avenarius. Der Landtag werde neu gewählt und es müsse sich in Hessen einiges ändern. „Es gilt, die Attraktivität des Heimatstandorts wieder zu steigern. Die Bereitstellung von Gewerbeflächen für die Erweiterung oder Neuansiedlung von Unternehmen ist dafür zwingend notwendig, vor allem in und rund um Frankfurt“, forderte der Geschäftsführer.