1865 eröffnete der erste Bäcker in Lämmerspiel / Nun gibt es neue Besitzer Fortsetzung einer alten Tradition

Familiengeführte Bäckerei: Früh aufstehen gehört für Ferdane und Danusah Aliu nun zum Alltag.

Mühlheim – Ein Wecker, der einen jeden Morgen, inklusive sonntags, um 5 Uhr aus dem Schlummer reißt – das ist nicht jedermanns Sache. Für Danusah und Ferdane Aliu ist es Alltag, und das mit einem freundlichen Lächeln: Das Ehepaar führt die „Lämmerspieler Bäckerei“, und das mit großer Begeisterung. Damit wird eine jahrhundertealte Tradition in einem Ort fortgeführt, der gerade massiv sein Gesicht verändert.

1865 eröffnete Martin Waitz, der Ururgroßvater des langjährigen Wehrführers Werner Moll, die erste Bäckerei am Platz. Davor backten die Bewohner ihr Brot in einem Gemeindebackofen nebenan auf dem Dalles, erzählt Hannelore Moll. Der Meister führte das Ladengeschäft mit Backstube bis vor 16 Jahren. Dann übernahm das Mühlheimer Unternehmen Schilling das geschichtsträchtige Haus als Filiale, später die Großostheimer Firma Bickert.

Nach deren Auszug sind die Familie Moll und viele Lämmerspieler glücklich, dass die Adresse als Bäckerei weitergeführt wird. Der Cousin von Danusah Aliu übernahm erst kürzlich nach gleichem Muster das Geschäft von Hans-Peter Schwenger in Dietesheim: Die Ware wird von der Frankfurter Großbäckerei Schaan geliefert, die in Niederdorfelden produziert. Einige Teigwaren werden frisch vor Ort aufgebacken, erläutert der Inhaber. Und den Leuten scheint’s zu schmecken. Fast im Minuten-Rhythmus stehen Kunden, vom Jugendlichen bis zum Senior, vor der gläsernen Theke, nennen ganz gezielt die gewünschten Artikel und die Menge. Andere drücken den Zeigefinger auf die Glasscheibe, fragen neugierig, „womit ist das gefüllt?“ Die Alius erweisen sich schon am ersten Tag als sehr sicher, was ihr Sortiment angeht, stecken flink Vollkorn- und Dinkelbrötchen, das ausgehobene Bauernbrot, Mohnschnecke oder Streuselkuchen in bedruckte Papiertüten. Zur Eröffnung sind seine Schwester und Bruder aus der Schweiz angereist und haben geholfen. Auch Cousin Faton Terziu ist zur Stelle – die Familie hält zusammen.

An einem Dutzend Plätzen im Innenraum und weiteren vor der Glasfront gegenüber der Waitz-Baustelle lässt sich an kleinen Tischen gemütlich zum belegten Brötchen ein Cappuccino schlürfen oder rasch ein Espresso genießen. Der 31-Jährige ist im Kosovo geboren, hat dort drei Jahre als Laborant in einem Chemiebetrieb gearbeitet, an der Universität in Pristina Management studiert und war in der Logistik einer Firma tätig. „Dann wollte ich etwas Neues machen“, sagt er, zog nach Frankfurt-Bergen-Enkheim, wo er zuletzt als Leiter einer Tegut-Filiale tätig war. Ferdane, mit der er seit zwei Jahren verheiratet ist, saß an der Kasse. Früher spielte er Fußball, heute ist nur noch Zeit zum Laufen.

Von Michael Prochnow