Jorge Galbassini und die Historie des Bandoneons Mehr als eine Quetschkommode

Aus dem Hause Arnold: Jorge Galbassini gab unlängst in der Gustav-Adolf-Kirche in Dietesheim mit einem in Obertshausen hergestellten Bandoneon ein Konzert.

Mühlheim – Nur wenige Instrumente stehen für die Kultur eines Landes derart wie das Bandoneon. Was kaum jemand weiß, das Bandoneon findet seinen Ursprung nicht in einer argentinischen Stadt wie Buenos Aires oder Cordoba, sondern in Krefeld.

Ein gewisser Heinrich Band entwickelte das Instrument ab 1845, das später der Bandoneon-Spieler Astor Piazzolla zu Weltruhm brachte. Dessen argentinischer Landsmann, der seit 36 Jahren in Frankfurt lebende Musiker Jorge Galbassini, gab nun in der Gustav-Adolf-Kirche ein vom Tango geprägtes Konzert. Der Geschichtsverein hatte eingeladen.

Bruno Schmück, der Mann für Technik und Industriegeschichte im Geschichtsverein, erzählt von Günter Schmitt, „der in Lämmerspiel immer alles weiß“. Schmitt verriet Schmück, in Lämmerspiel befände sich im Besitz der Familie Kienzle ein Bandoneon, mit dem es eine besondere Bewandtnis habe. Schmück berichtet von der Historie des Instruments, das wegen der Heimatstadt seines Erfinders einst den Namen „Krefelder Quetschkommode“ getragen habe. Ab 1864 stellten Ernst Louis Arnold und seine drei Söhne die Musikinstrumente in Carlsfeld her.

Wer das Akkordeon beherrscht, kann nicht automatisch zum Bandoneon greifen. „Beim Ziehen und Drücken des Blasebalgs kommen aus dem Bandoneon jeweils andere Töne“, erläutert Schmück.

Weil Carlsfeld, Ortsteil der sächsischen Stadt Eibenstock, in der DDR lag, verließ der Firmeninhaber Arno Arnold 1949 das Land und siedelte mit seinem Unternehmen in Obertshausen an. Ab 1984 wandelte sich die Firma vom Instrumentenhandwerk zum Industrieunternehmen, als Simone Weinmann-Mang und Ehemann Wolf Mang in der nächsten Generation übernahmen. Die Firma entwickelt, konstruiert und exportiert heute Schutzeinrichtungen für Maschinen.

Ein Bandoneon gleicht nicht dem anderen. Jorge Galbassini kann das Instrument aus dem Besitz der Familie Kienzle nicht auf gewohnt professionellem Niveau spielen, ohne darauf länger geübt zu haben. Er spielt auf seinem eigenen Bandoneon, ebenfalls aus Obertshausen, melancholischen Tango argentinischer Prägung.
Foto: man