Fachveranstaltung der Caritas Kinder suchtkranker Eltern brauchen Hilfe

Stellten Hilfsangebote für Kinder suchtkranker Eltern vor (von links): Silke Altmannsberger vom Kreuzbund, Mechthild Dänner vom Kinderschutzbund), Birgit Fleck und Anette Bacher von der Caritas und Carsten Pfeifer vom Wildhof. Foto: Mangold

Offenbach (man) – In einer Episode der US-amerikanischen Fernsehserie „Breaking Bad“ wird einmal der Alltag eines Kindes drogenabhängiger Eltern gezeigt. Ein Fünfjähriger vegetiert in einer verwahrlosten Wohnung. Die einzige Beschäftigung, die der Bub mit dem schmutzigen Gesicht hat, ist der Blick auf den Fernseher und einen einzigen Werbekanal.

Mit diesem Bild im Kopf klingt es irritierend, wenn Caritas-Chefin Anette Bacher ihre Erfahrungen schildert und erklärt: „Jede Mutter will eine gute Mutter sein“. Doch manche scheitern.Um Hilfsangebote für Kinder suchtkranker Eltern geht es an diesem Tag bei der Fachveranstaltung, die der Caritasverband in seinen Räumen an der Schumannstraße gemeinsam mit NACOA, dem Suchhilfezentrum Wildhof, dem Kinderschutzbund, dem Kreuzbund und dem Jugendamt organisiert hat.

Sozialpädagoge Udo Röser hält zunächst einen Vortrag über die Villa Lilly in Bad Schwalbach, wo Suchtkranke eine Therapie machen können, ohne ihre Kinder abgeben zu müssen. Dann stellen Elke Schneider und Birgit Fleck vom Caritashaus St. Josef das Projekt „Schatzinsel sucht Entdecker“ vor, ein Angebot für Kinder und Jugendliche im Alter zwischen sechs und 16 Jahren, die mit der Krankheit der Eltern konfrontiert sind.

Kinder machen Haushalt und versorgen Geschwister

Silke Altmannsberger hat eigene Erfahrungen mit der Sucht gesammelt. Sie ist Ansprechpartnerin vom Kreuzbund, der Selbsthilfe für Betroffene und deren Angehörige organisiert. Als es irgendwann hieß, sie sei in Alkoholtherapie, „da konnten das viele nicht glauben“. Im Geschäft erschien sie immer pünktlich und gepflegt. Unauffällig trank die junge Witwe nach Feierabend zu Hause Unmengen Cognac und Bier. „Meine Kinder wussten, dass mit mir was nicht stimmt“, sagt sie.

Die Kindern wissen es immer. Davon sprechen auch die anderen Suchtexperten, darunter Birgit Fleck von der Fachambulanz der Caritas. Sie weiß von Kindern, die den Haushalt machen und die jüngeren Geschwister versorgen. Fleck spricht von 2,65 Millionen Kindern, die in Alkoholiker-Haushalten aufwachsen. Dazu kommen noch 30.000 bis 40.000, deren Eltern von illegalen Drogen abhängig sind: „Statistisch betrachtet ist jedes sechste Kind betroffen.“ Das bedeutet für Offenbach: Über 3.300 Kinder müssen zu Hause ansehen, wie Vater, Mutter oder beide täglich im Kampf mit der Sucht unterliegen.

Auch Spielsucht ist ein Thema

„Wichtig ist, dass die Institutionen eng miteinander zusammenarbeiten“, betont Birgit Fleck. Das bedeutet etwa, dass Lehrkräfte, Erzieherinnen oder auch der Trainer im Verein die Augen offen halten und sich etwa bei Helene Messer melden, Beraterin beim Jugendamt.

Carsten Pfeifer vom Suchthilfezentrum Wildhof spricht ein weiteres Problem an, unter dem besonders Migranten in Offenbach leiden: Sie sitzen an den Spielautomaten – ein Geschäftsmodell, das ohne Sucht nicht funktioniert. Niemand, der alle Sinne beieinander habe, schmeiße sein Geld in ein Gerät, das immer gewinnt: „Für die Kinder zu Hause bedeutet das, in einen leeren Kühlschrank blicken zu müssen.“

Silke Altmannsberger erzählt schließlich, wie sie vor 23 Jahren ihre Alkoholsucht besiegte. Sohn und Tochter waren es, „die mir die Wahrheit über meinen Zustand schonungslos vermittelten“.