Hyundai spendet 6000 Euro Caritas Offenbach hilft Kindern suchtkranker Eltern

Caritasdirektor Bernd Bleines (von links), Erziehungsberaterin Edith Heilos, Hyundai-Vizepressesprecherin Stephanie Wester und Caritas-Chefin Anette Bacher stellten ihre Projektarbeit vor. Foto: Mangold

Offenbach (man) – Wenn Elternteile zu Hause im Bett liegen, weil sie eine Grippe oder ein Bänderriss erwischt hat, könnten Kinder dies in der Schule erzählen. „Aber nicht, wenn Papa mit seinen Depressionen seit einer Woche nicht mehr aufsteht oder Mama wieder betrunken auf dem Küchenboden lag“, sagt Anette Bacher vom Caritasverband Offenbach. Regelmäßig treffen sich Kinder suchtkranker und psychisch erkrankter Eltern unter dem Dach der Caritas, um über ihren Alltag zu sprechen. 

Der katholische Wohlfahrtsverband organisiert die Gruppe seit knapp drei Jahren. Sie trifft sich seit kurzem in den neuen Räumen an der Hafeninsel 8. Caritas-Chefin Anette Bacher erklärt, dass die Lotterie „Aktion Mensch“ bisher die Kosten für die Abholdienste deckte. Denn suchtkranke Eltern sind oft nicht in der Lage, ihre Kinder verlässlich irgendwo hinzubringen.

Ohne den Fahrdienst, der fürs Abholen und Hinbringen zuständig ist, kann das Konzept nicht funktionieren. Die Kosten übernahm nun Hyundai Motor Deutschland GmbH. Der südkoreanische Automobilhersteller unterhält in Offenbach seine Europazentrale. Stephanie Wester, die stellvertretende Pressesprecherin, betont, Hyundai unterstütze die Arbeit der Caritas schon seit 2004, finanziere etwa das Spielmobil, das an bestimmten Tagen am Goetheplatz einen Spielplatz ersetzt. Das aktuelle Sponsoring steht im Kontext der vergangenen vorweihnachtlichen Kerzen-Bastelaktion „Spende ein Licht“. Offenbacher Kinder und Familien hatten teilgenommen. Hyundai legte zu den 6500 Euro der Caritas noch 6000 Euro dazu.

Weil bei Depressiven oder Suchtkranken die Korrelation zwischen Ursache und Wirkung nicht so offen liegt wie bei einem Grippevirus oder dem unglücklich aufgesetzten Fuß, neigt immer noch ein Großteil der Gesellschaft dazu, „selbst schuld“ zu denken. Die Geschichte des Alkoholikers, an dem sich als Bub der Onkel oder der Schwimmtrainer verging, kennt schließlich niemand.

Über ihren Alltag können die sechs- bis zwölfjährigen Kinder letztlich nur mit den Altersgenossen frei reden, denen es ähnlich geht. Vergleichbar sind die von Pädagoginnen betreuten Treffen mit Meetings von Erwachsenen. Hier gelten die gleichen Regeln wie bei den Anonymen Alkoholikern: Was in dem Raum besprochen wird, bleibt drinnen. Anette Bacher vermutet, dass sich die Kinder daran auch halten, „die wollen schließlich selbst nicht, dass über sie etwas rauskommt“.

Schon früh müssen die Kinder die Rolle von Erwachsenen übernehmen, etwa dafür sorgen, dass die jüngeren Geschwister morgens in die Schule kommen oder ein Mittagessen auf dem Tisch steht. Bei der Caritas haben sie einen Raum, in dem sie vorbehaltlos Kind sein dürfen.

Was ihre Eltern von vielen anderen in gleicher Lage unterscheidet: Sie wissen um ihr Problem. Sie sind über das Stadium hinaus, sich und anderen den letzten Vollsuff als Folge heiterer Feierlaune schön zu reden. „Die Eltern wissen natürlich, dass die Kinder hier auch über sie reden“, erklärt Edith Heilos, bei der Caritas zuständig für Erziehungsberatung.

Die Chance, dass ein Kind suchtkranker Eltern später selbst zur Flasche greift oder sich dem Konsum verbotener Drogen hingibt, liege etwa achtmal so hoch wie bei jenen, die in relativ normalen Verhältnissen aufwachsen. Aber es gibt sie, die in Suchthaushalten aufgewachsenen Kinder, die den Alkohol oder die Drogen später selbst meiden wie der Teufel das Weihwasser. „Sie haben es geschafft, einen seelischen Widerstand zu bilden“, erklärt Anette Bacher. Was bedeutet, „dass sie noch andere wichtige Vorbilder und Ansprechpartner als die Eltern hatten“. Ein Ansatz, auf den auch die Caritas setzt.

Bei der Frage der Kosten für Prävention haben es humanitäre Argumente schwer. Verhinderte persönliche Katastrophen lassen sich ebenso wenig messen wie nicht passierte Verbrechen. Wenn durch das Caritas-Programm nur ein Kind davor bewahrt bleibt, selbst in den Strudel des elterlichen Alltags zu geraten und sich durch eigene Arbeit ernähren kann, statt von Hartz IV zu leben, spart die öffentliche Hand alleine für zehn Jahre rund 130.000 Euro.