Petition und Aktionstag für Maßnahmen für mehr Erzieherinnen und Erzieher „Sichert unsere Betreuung!“

Kinder, Eltern, das gesamte VzF-Team und die Gäste des Aktionstages stehen hinter den Forderungen des VzF. Bild: Alexander P. Englert/zplus

Hochtaunuskreis (red) – Verkürzte und vergütete Ausbildung für Erzieherinnen und Erzieher und schnellere Anerkennung ausländischer Abschlüsse: Mit einer Petition an den Hessischen Landtag will der VzF Taunus politische Schritte für mehr Erzieherinnen und Erzieher erreichen. Der gemeinnützige Verein betreibt 23 integrative Einrichtungen, darunter 17 Kitas für Kinder mit und ohne Behinderung oder Beeinträchtigung. Bei einem Aktionstag, zu dem rund 270 Kinder aus den VzF-Kitas mit ihren Erzieherinnen und Erziehern nach Oberursel gekommen waren, machte der Verein auf seine Forderungen aufmerksam.

Nasser Djafari, Vorsitzender des Vereins zur Förderung der Integration von Menschen mit

Behinderung (VzF Taunus), überreichte die Petition an Holger Bellino als Mitglied des Hessischen Landtags und die Oberurseler Bürgermeisterin Antje Runge. „Allein beim VzF

Taunus stehen 175 Kinder auf der Warteliste, und 42 Vollzeit-Stellen für Erzieherinnen und Erzieher sind zu besetzen. Der Mangel in Hessen und deutschlandweit ist seit Jahren bekannt, aber viel passiert ist seitens der Politik bisher nicht“, erläuterte Djafari. „Dabei gibt

es zwei Hebel, über die sich schnell mehr Erzieherinnen und Erzieher gewinnen lassen: eine kürzere und von Anfang an vergütete Ausbildung und die schnellere Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse.“

Die Oberurseler Bürgermeisterin Antje Runge hob in ihrem Grußwort hervor: „Diese Petition ist für uns als Kommune ein wichtiges Zeichen, denn wir benötigen beim Thema Bildung die verlässliche Unterstützung durch die Landesregierung. Allein in den Oberurseler Kitas

fehlen 30 Erzieherinnen und Erzieher, mehr als 200 Kinder haben keinen Kita- oder Krippenplatz.“ Runge forderte die hessische Landesregierung auf, hier umgehend tätig zu werden – auch, um zu verhindern, dass sich die Kommunen untereinander die Mitarbeiter streitig machten. Wichtig sei eine Vergütung der Ausbildung, Wohnprogramme für soziale Berufe zu bezahlbaren Preisen und ebenso eine größere Unterstützung der Kommunen aus Landesmitteln, um Kita-Betriebskosten zu finanzieren.

Holger Bellino, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion, lobte die Arbeit der integrativen Einrichtungen des VzF vor allem mit Blick auf die Selbstverständlichkeit, mit der Kinder mit und ohne Behinderung sowie aus verschiedensten kulturellen und sozialen Hintergründen dort zusammen aufwachsen: „Ihre Forderungen sind Wasser auf unsere Mühlen. Wir haben im Hessischen Landtag bereits ein Gesetzgebungsverfahren initiiert, das unterstützende Tätigkeiten in Kitas beispielsweise durch Ergotherapeutinnen und -therapeuten oder Logopädinnen und Logopäden ermöglichen sowie eine schnellere Anerkennung ausländischer Fachkräfte erleichtern soll.“

Um die Forderungen zu unterstreichen, sangen die anwesenden Kita-Kinder ein eigens für diesen Anlass gedichtetes und eingeübtes Lied. Zudem verzierten sie Transparente mit dem Slogan „Sichert unsere Betreuung!“ mit bunten Handabdrucken.

Laut Bertelsmann-Stiftung fehlen in Deutschland 100.000 Erzieherinnen und Erzieher sowie weitere 33.000 Fachkräfte für die Hortbetreuung. Bereits jetzt müssen Kindertagesstätten Angebote wie Musik und Schwimmen streichen und teils sogar Öffnungszeiten verkürzen. „Das geht zu Lasten der Eltern, die auf die Betreuung angewiesen sind, und es schadet der Zukunft der Kinder, weil zuerst besondere Angebote wegfallen und größere Gruppen, gestresste Mitarbeiter und längere Schließzeiten die pädagogische Qualität verschlechtern“, erläutert Djafari. Der VzF fordert, die Ausbildung auf drei Jahre zu verkürzen und den Auszubildenden vom ersten Tag an eine Vergütung zu zahlen. Derzeit dauert die Ausbildung in der Regel insgesamt fünf Jahre. Geld bekommen die künftigen Fachkräfte meist erst im fünften Jahr, wenn sie schon in einer Kita arbeiten (Anerkennungsjahr). „Es ist logisch, dass viele sich für kürzere Ausbildungen entscheiden, bei denen sie von Anfang an Geld bekommen. Wenn man die Inhalte modernisiert und enger mit der Praxis verzahnt, ist eine kürzere Ausbildung leicht möglich – dann würden auch die hohen Abbruchquoten sinken“, so der Vorsitzende. Der VzF lobt sogar auf eigene Kosten Stipendien aus und hat damit bereits fünf Auszubildende gewinnen können.

Auch Fachkräfte aus dem Ausland hat der VzF bereits erfolgreich angeworben; unter den

rund 400 Mitarbeitenden des Vereins sind 65 aus 23 Ländern außerhalb Deutschlands.

„Leider ist die Anerkennung ausländischer Berufs- oder Hochschulabschlüsse ein bürokratischer Prozess und dauert viel zu lange. Wir können Menschen, die wir dringend als Fachkräfte brauchen, nicht behandeln wie Bittsteller. Wir brauchen eine personell gut ausgestattete Servicestelle, die den Erzieherinnen und Erziehern hilft, die nötigen Dokumente beizubringen und schnell eine Anerkennung auszustellen“, betont Djafari. Die beschleunigte Anerkennung könne kurzfristig, die verkürzte und vergütete Ausbildung mittelfristig für mehr Erzieherinnen und Erzieher sorgen.