Heilungschancen sind viel besser Frankfurter Leber-Zentrum entwickelt drei neue Therapien

Professor Stefan Zeuzem (von links), Professor Wolf Otto Bechstein, Professor Dr. Thomas J. Vogel und Professor Jürgen Schölmerich informieren über neue Therapien bei Lebererkrankungen. Foto: Faure

Sachsenhausen (jf) – Erst 1989/90 wurde das Hepatitis-C-Virus entdeckt, weltweit gibt es etwa bis zu 150 Millionen Menschen, die chronische Virusträger sind, nicht bei jedem bricht die Krankheit auch aus.

„In den 1970er Jahren war jede 200. Blutkonserve kontaminiert, das bedeutete ein hohes Risiko. 400 000 Leberpatienten gibt es in Deutschland, aber nur die Hälfte weiß von ihrer Erkrankung“, erläuterte Professor Stefan Zeuzem, Ärztlicher Direktor der Medizinischen Klinik 1. Gemeinsam mit der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie und dem Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie wurde bereits 2007 das Leberzentrum am Universitätsklinikum gegründet.

Das Hepatitis-C-Virus kann Leberzirrhose und Leberkrebs verursachen. „Wir waren zu Beginn unserer Forschungen sehr verzweifelt, die Therapie war äußerst kompliziert, die Heilungschancen betrugen nur zwischen 60 und 70 Prozent“, berichtete Zeuzem, der seit vielen Jahren am Klinikum arbeitet und internationales Ansehen als Gastroenterologe (Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts, der Leber, Gallenblase und Bauchspeicheldrüse) und Hepatologe (Krankheiten der Leber und Gallenwege) genießt.

Gläschen Wein weglassen?

„In den vergangen vier Jahren hat sich die Medizin auf diesem Gebiet revolutioniert. Wirksame Substanzen wurden entwickelt, die zu hohen, mehr als 95-prozentigen Heilungschancen führen“, legte Zeuzem dar. Die personalisierte Medizin wurde fortgeführt; so gelangte man zu einer Vereinfachung der Medikation mit großen Einsatzmöglichkeiten, die nicht nur Spezialisten beherrschen. Eine Entwicklung, die weltweit Menschen zugute kommen kann.

Patientin Ines B. bestätigte das: „Auf die abweichenden Leberwerte riet mir mein damaliger Hausarzt, ‚das Gläschen Wein wegzulassen’. Doch ich fühlte mich zunehmend müde und erschöpft. Erst 2011 wurde bei mir nach vielen ergebnislosen Untersuchungen Hepatitis C festgestellt. Dann entschied ich mich für eine 48-wöchige Triple-Therapie mit vielen Nebenwirkungen. Es war fast ein Jahr, eine harte Zeit. Und die Therapie hat nicht angeschlagen. Anschließend wandte ich mich ans Leberzentrum, konnte an einer Studie teilnehmen. Die Medikamente halfen schon nach drei Monaten.“ „Es geht dabei um eine Studie, in der die Patienten täglich eine Tablette mit zwei Substanzen einnehmen – früher mussten sie 6000 Tabletten im Jahr schlucken“, ergänzte Zeuzem.

„Die Leber ist das am häufigsten von Krebsmetastasen befallene Organ. Wir haben eine neue chirurgische Methode entwickelt, um die Leber zu teilen und das verbleibende Zellgewebe zu stärken. Voraussetzung ist, dass mindestens 30 Prozent der Leber funktionieren.

Alle Erkrankungen werden abgedeckt

Zunächst wird der befallene Teil von der Blutzufuhr abgetrennt, er schrumpft. Der intakte Teil hingegen wird so stärker durchblutet und vergrößert sich. Nach etwa zehn Tagen kann dieser Teil die Aufgaben der Leber allein bewältigen, das befallene Gewebe aus dem Körper entfernt werden“, schilderte Professor Wolf Otto Bechstein, Direktor der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie. Er entwickelte die Methode gemeinsam mit Professor Andreas A. Schnitzbauer.

„Als Leberzentrum decken wir alle Erkrankungen dieses Organs ab, der Schwerpunkt liegt auf Karzinomen und Hepatitis. Viele Patienten informieren sich heute im Internet über Behandlungsarten, die Informationen dort sind eher verwirrend. Das Leberzentrum diskutiert interdisziplinär wöchentlich jeden einzelnen Fall und berät die Patienten“, erklärte Professor Thomas J. Vogl, Direktor des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie. „Wir können nachgewachsene Tumoren mit Hilfe einer minimal-invasiven Laserstrahlung entfernen. Unter örtlicher Betäubung wird eine dünne Sonde zu den Krebszellen geführt, diese werden kontrolliert erhitzt und so zerstört. Das ist bei Metastasen bis zu einer Größe von fünf Zentimetern möglich. Der zusätzliche Effekt: Das Immunsystem wird angeregt, der Körper erkennt bösartige Tumorzellen selbstständig besser und kann darauf reagieren. Die Studie zu dieser Behandlung läuft gegenwärtig“, legte Vogl dar. Die Studie wird deutschlandweit einzig am Leberzentrum des Universitätsklinikums Frankfurt durchgeführt.

„Vor sechs Jahren wurde bei mir Lebertumor festgestellt. Mit Hilfe von Chemoembolisation (über ein Kathedersystem werden die Medikamente direkt in die Gefäße geleitet) verkleinerte sich der Tumor soweit, dass eine Behandlung mit Laser möglich wurde. Seit einem Jahr bin ich tumorfrei, fühle mich wohl und mir geht es gut“, berichtete der Patient Gerd N.

„Bei mir wurde 2007 nach mehreren unklaren Diagnosen Hepatitis C festgestellt. Die erste Therapie hat mich total mitgenommen, nach fünf Monaten stieg die Anzahl der Viren erneut. 2012 nahm ich an der Studie teil, schon nach 14 Tagen waren fast keine Viren mehr nachweisbar, nach vier Wochen waren sie vollständig verschwunden“, erzählte der Patient Manfred Tabler.

Keiner dieser Studienteilnehmer fühlte sich als Versuchskaninchen. „Um mich war ein kompetentes und freundliches Team. Die Teilnahme war für mich die Rettung“, bekräftigte Ines B.

Patienten, die an einer Lebererkrankung leiden, können sich mit einer Überweisung ans Leberzentrum wenden. „Oft bekommen wir auch E-Mails, können so vieles vorab klären. Natürlich ersetzt das nicht die persönliche Beratung vor Ort, ermöglicht aber eine Voreinschätzung“, sagte Zeuzem.