Antagon kommt mit der gesellschaftskritischen Performance „Klima X“ in die Stadtteile Wenn die Straße zur Bühne wird

Unaufhaltsam wälzt sich das Plastik Richtung verängstigtes Meer. Antagon widmet sich mit der Performance „Klima X“ dem Klimawandel. Fotos: Hagemann

Fechenheim (sh) – Eine Frau im blauen Fetzenkleid hält eine Muschel in der Hand und tanzt zu mystischer Musik. Plötzlich schreit sie. Aus dem Hintergrund wälzt sich eine Plastikplane heran. Die Menschen unter der Plane sorgen dafür, dass das Plastik unaufhaltsam in Richtung der Meer-Frau treibt, doch sie drohen gleichzeitig darin zu ersticken und kämpfen ums Überleben. Dies ist nur eine der Szenen aus der Performance „Klima X“ des Antagon Theaters Aktion, das mit seinem Straßentheater-Programm unter dem Titel „Sichtbar machen!“ Frankfurter Stadtteile besucht.

Der Auftakt der elf im Frankfurter Stadtgebiet geplanten Auftritte mit „Klima X“ fand in Fechenheim statt, der Heimat der Theatergruppe, die in der Orber Straße 57 im Kollektiv lebt und arbeitet. Nachdem die fantasievollen Stelzenläufer durch Fechenheims Straßen gezogen waren, versammelten sich Zuschauer und Akteure auf dem Linneplatz, auf dem die Fechenheimer für gewöhnlich ihre Feste wie Fischerfest und Weihnachtsmarkt feiern – wenn nicht gerade eine Pandemie ihr Unwesen treibt.

Besondere Gäste der Veranstaltung waren Daniela Cappelluti, Stadtverordnete der Grünen im Römer, und Sabine Commettant, Sprecherin der Grünen Frankfurt-Ost, die Antagon-Gründer und Leiter Bernhard Bub zu dem mobilen Theaterprojekt ausfragten. Cappelluti lobte vor allem, das Konzept der Theatergruppe, jene Stadtteile aufzusuchen, die eher selten besucht werden. „Es ist wichtig, Kultur nicht nur in der Innenstadt zu haben“, sagte die Stadtverordnete. Commettant betonte, dass sie als Fechenheimerin sehr glücklich sei, solch eine renommierte Gruppe wie Antagon im Stadtteil zu haben. Im Allgemeinen sei das Antagon-Gelände an der Orber Straße, auf dem sich auch der Verein Protagon befindet, ein Haus der offenen Tür, sagte Bernhard Bub. Corona mache das etwas schwieriger, aber prinzipiell seien Führungen möglich, um die Projekte kennenzulernen, und „ein Kaffee ist immer drin“, sagte Bub, bevor er am Schlagzeug Platz nahm, um zusammen mit den Musikern die Aufführung mit teils sphärischen, teils harten Klängen zu begleiten.

Die mitreißende Performance von „Klima X“ begeisterte das Publikum. Ganz ohne Sprache, nur durch ausdrucksstarke Gesten, Masken und Tänze setzten sich die Darsteller mit dem Klimawandel – insbesondere auch dem gesellschaftlichen in Zeiten der Pandemie – auseinander. Das Ensemble thematisierte Isolation und Einsamkeit, die Sehnsucht nach Nähe, die dann aber auch wieder zu Streit und Kampf führen kann, das Wieder-Erlernen von Berührungen und das Erkennen von sich selbst im Gegenüber. Der Wettlauf gegen die Zeit, die als Frisbee-Uhr schließlich in die Ferne geworfen wurde und Arbeitszwänge von Anzugträgern, die an (und auf) ihren Schreibtischen nach anfänglicher Ordnung ins Chaos geraten, kamen eindrucksvoll zur Geltung, bevor sich am Ende alle zur Rückkehr zur Verbundenheit mit der Natur verständigten.

Derzeit laufen beim Verein Protagon die Vorbereitungen für das vom 23. Juli bis 8. August stattfindende Sommerwerft Theaterfestival an der Weseler Werft. Vom 13. bis 19. September lädt der Verein zum Internationalen Frauen-Theaterfestival auf sein Kulturgelände an der Orber Straße ein. Infos auf www.protagon. net und auf Facebook.

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