Musical „Berlin Berlin“ nimmt Besucher mit auf eine Reise in die Goldenen 20er-Jahre Große Emotionen in der Alten Oper

Marlene Dietrich wird umschwärmt von den Männern im Admiralspalast. Bild: Jens Hauer/p

Innenstadt (jdr) – Es war wirklich ganz großes Kino! Ein Musical, bei dem das Publikum Tränen lacht, und das an anderer Stelle so viel Gänsehaut erzeugt, dass die Tränen still schweigend laufen, weil die Emotionen auf die unfassbare Grausamkeit der Nationalsozialisten nicht anders zu reagieren im Stande sind.

Doch der Reihe nach: Vergangene Woche hat der Veranstalter BB Promotion das Musical „Berlin Berlin“ in die Alte Oper gebracht. Dieses handelt von dem „Tanz auf dem Vulkan“, dem brodelnden Leben im Berlin der Goldenen 20er-Jahre: Der Krieg ist überstanden, das Geld sitzt wieder lockerer und die Menschen sind auf Spaß aus. Und der wird im Admiralspalast voll und ganz ausgelebt.

Mit den größten Hits der „Roaring Twenties“ präsentiert der charismatische Conférencier und das fransige, bunte, federige, sexy und glitzernde Ensemble von einer Zeit zwischen Weltwirtschaftskrise und ungebremster Vergnügungslust. Es geht um Emanzipation, Freizügigkeit und den Genuss im Leben. Marlene Dietrich trifft auf Rampensau und Ekstase-Tänzerin Anita Berber sowie Sängerin Josephine Baker. Lieder wie „Let’s misbehave“, „Mackie Messer“, „Ich bin die fesche Lola“ oder „Wenn die beste Freundin“ zeigen fröhlich und fetzig die zu diesem Jahrzehnt in Berlin allseits gelebte „Amüsemang“-Freude.

Die Comedian Harmonists kommen zum Zug und es wird Lindy Hop getanzt. Die Bekleidung wird immer knapper und funkelnder, viel Alkohol fließt, „Schnee“ wird gezogen. Mittendrin belustigt „Kutte“ das Publikum mit seinen – im wahrsten Sinne des Wortes – ansteckenden Lachern am Klavier. Die Funken sprühen, wenn die Revuegirls zu Charleston ihre endlos langen Beine schwingen. Die Hauptstadt des Lasters wird dem Publikum präsentiert, als wären genau jetzt die 20er-Jahre.

Dramatiker Bertolt Brechts und Komponist Kurt Weills „Dreigroschenoper“ darf natürlich auch nicht fehlen. Lebensfreude und Bejahung des Lebens pur! Doch dann der eisige, Gänsehaut bringende Cut: Die Nazis sind da; ein Hakenkreuz als Hintergrund, schwarze Musiker sind auf „deutschen Bühnen“ nicht mehr gewollt. Dem Publikum stockt der Atem, glasige Augen vor Wut und Ungläubigkeit, wie es damals dazu kommen konnte. Das Stück beglückt die Zuschauer, versäumt es aber auch nicht, auf das, was Schreckliches folgte, aufmerksam zu machen – und nie vergessen gehen zu lassen.

Tolle Stimmen, eine schöne Geschichte und ein Top-Spagat von der Kritik und dem so schrecklich-jähen Ende der Spaß-Periode dieser Zeit zu dem, was wirklich zählt: Die Freundschaft und der Zusammenhalt. Bravo!