Ein russischer Fiebertraum

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Mit „Gripperoman“ ist Alexei Salnikows „Petrow hat Fieber“ untertitelt. Das Original ist in Russland 2018 erschienen – mit Corona hat das also nichts zu tun. Die Geschichte spielt im gegenwärtigen Jekaterinburg kurz vor dem Jolka-Fest, dem russischen Neujahr, bei dem Väterchen Frost Bonbons verteilt. Familie Petrow bekommt die Grippe. Das ist so ziemlich die einzig „normale“ Begebenheit in dieser Geschichte. Salnikow präsentiert ein Panoptikum skurriler Menschen aus Petrows Umfeld, wie den toxisch raumgreifenden Igor oder den leidenden Künstler Sergei aus früheren Tagen, der Petrow um einen ungeheuerlichen Gefallen bittet. Oder Petrows Frau Petrowa, die sich von Petrow hat scheiden lassen, um ihn vor ihrem tödlichen Männerhass zu schützen, der sich hin und wieder Bahn bricht. Kein Wunder, dass Petrow nicht weiß ob er Autoschlosser, Comiczeichner, Ehemann oder Vater ist. Ist er nichts davon oder alles zusammen? So fühlen sich wohl Fieberträume an. Ein außergewöhnliches und dennoch unterhaltsames Buch, toll übersetzt von Bettina Kaibach. sh

Alexei Salnikow, „Petrow hat Fieber“, Suhrkamp Verlag, 364 Seiten, ISBN: 978-3-518-43086-6, 25 Euro.