Auch mit 80 Lenzen hat Helmut Kreiß anspruchsvolle sportliche Ziele Kein Mangel an Ehrgeiz

Ihm ist kein Weg zu weit und zeigt auch in der Niederlage Größe: Helmut Kreiß, Bruchköbeler Radsportler und Lauflegende. Bild: PM

Bruchköbel – Die wahren Sportler, so heißt es, erkennt man daran, dass sie auch in der Niederlage Größe beweisen. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass Helmut Kreiß, der Gründer des Bruchköbeler Lauftreffs, zu den großen Sportlern seiner Heimatstadt gehört, dann hätte er ihn spätestens jetzt erbracht.

Denn der Extremsportler, der im Februar dieses Jahres 80 Jahre alt geworden war, ist jüngst beim Ötztal-Radmarathon knapp gescheitert, nahm es aber mit Humor und seiner für ihn typischen Gelassenheit: „Diesmal hat halt ein wenig gefehlt.“

Es sollte seine letzte Teilnahme an dem Spektakel sein, bei dem jedes Jahr rund 4000 Radsportler an den Start gehen.

Kurz vor dem Gipfel am Timmelsjoch musste Kreiß aus dem Rennen genommen werden, weil er nach Einschätzung des Veranstalters das Tagesziel in der vorgeschriebenen Zeit nicht mehr erreicht hätte. Und dennoch wurde der Bruchköbeler in den Alpen gefeiert wie ein Sieger. Denn allein die Tatsache, dass er mit 80 Jahren noch solch eine Strapaze auf sich nahm, war im Ötztal Anlass genug, seine Leistungen in den höchsten Tönen zu würdigen. Denn mit einer Gesamtstrecke von 227 Kilometern und 5000 Höhenmetern gehört der Ötztal-Radmarathon zu den härtesten Prüfungen, die der Radsport für die Aktiven bereithält.

Nur im ersten Augenblick ärgerte sich Kreiß darüber, dass das sogenannte Besenfahrzeug, was immer am Ende des Feldes fährt, ihn rund zwei Kilometer vor dem Kontrollpunkt aus dem Verkehr zog. Bevor man ihn zurück ins Fahrerlager nach Sölden brachte, musste der Bruchköbeler noch zahlreiche Glückwünsche von den Helfern entgegennehmen.

Auch die österreichischen Zeitungen berichteten über den ältesten Teilnehmer aus Deutschland, der gestern Morgen in der Redaktion anrief, um vom Ausgang seines Abenteuers zu berichten. „Wer gerne von seinen Erfolgen spricht, darf auch die Niederlagen nicht verheimlichen“, meinte der Dauerläufer bescheiden. Dessen sportlicher Lebenslauf ist freilich so lang, dass er den Umfang eines solchen Berichts sprengen würde. Von daher seien hier nur einige Meilensteine erwähnt: Kreiß absolvierte in seinem Leben 97 Marathonläufe, zehn Ultraläufe, brachte zehn 100-Kilometer-Läufe hinter sich und verschaffte sich mit beim Marathon mit einem Vehikel des Roßdorfer Schubkarrenrennens sowie einer Teufelsgeige auf Rollen Einträge ins Guinness-Buch der Rekorde. Dass er seine erste Teilnahme beim Ötztal-Rad-Marathon als 70-jähriger fast ohne Vorbereitung meisterte, sei hier nur am Rande erwähnt. Kreis verschaffte sich im Ötztal so viel Respekt beim Veranstalter, dass dieser ihn aus dem Losverfahren herausnahm und quasi eine Teilnahme an dem Wettbewerb garantierte. Normalerweise streben dort jedes Jahr 20 000 Ausdauersportler aus aller Welt die Teilnahme an. Bis auf wenige Ausnahmen werden sie durch das Los ermittelt.

Auf seine letzte Tour hatte sich Kreiß besonders akribisch vorbereiten wollen, doch das schlechte Wetter zu Jahresbeginn machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Erst im März konnte der ehemalige Polizeibeamte in die Pedalen steigen. Da blieben nur noch dreieinhalb Monate für die 6000 Trainingskilometer, die er im Vogelsberg, im Spessart sowie in der Rhön abspulte. Doch trotz allen Ehrgeizes weiß Kreiß auch, wann es genug ist. Eine weitere Teilnahme im Ötztal soll es nicht mehr geben. „Von nun an bleibe ich im Lande“, sagte er und ließ damit gleichzeitig durchklingen, dass ein Karriereende noch lange nicht geplant ist. Am 5. August steht für ihn der nächste Radmarathon an. Und zwar in Schondra in der Nähe von Bad Brückenau. Dort beträgt die Streckenlänge 170 Kilometer, dabei sind 3000 Höhenmeter zu überwinden. Sollte für den 80-Jährigen zu schaffen sein.
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