Koalition beschließt neues Bestattungsangebot Ruheforst im Unterwald

Die letzte Ruhe im Wald ist für immer mehr Menschen eine willkommene Alternative zur Beerdigung auf einem Friedhof. Symbol Bild: Stefan Sauer/dpa

Hammersbach – Für viele Menschen ist es ein trostvoller Gedanke, dass ihre sterblichen Überreste „in Einklang mit der Natur“ in einem Friedwald unter jahrzehntealten Bäumen bestattet werden, ohne dass ihre Angehörigen mit der Grabpflege belastet sind. In Nidderau gibt es bereits seit Mai 2015 ein solches Angebot im Wald zwischen den Stadtteilen Ostheim und Eichen, das gut nachgefragt wird.

Die schwarz-grüne Koalition in Hammersbach ist von dieser alternativen Bestattungsform ebenfalls überzeugt. In einer Sitzung der Gemeindevertretung haben die Fraktionen von CDU und Grünen sowie die fraktionslose Gemeindevertreterin Irmgard Beck gegen die Stimmen der SPD den Gemeindevorstand beauftragt, „die notwendigen Verfahren“ zur Einrichtung eines Bestattungswaldes im Hammersbacher Unterwald einzuleiten und die entsprechenden Unterlagen und Verträge zur weiteren Beschlussfassung wieder der Gemeindevertretung vorzulegen.

Wie schon in den Ausschusssitzungen der vergangenen Monate wurde die Debatte intensiv geführt. CDU-Fraktionsvorsitzender Alexander Kovacsek verwies auf einen Prüfantrag, den SPD und CDU noch in der vorherigen Wahlperiode gemeinsam gestellt hätten. Zudem zitierte er SPD-Vertreter anderer Kommunen, die von positiven Erfahrungen berichteten.

Konkret geht es um die Abteilung 9, ein Areal am Waldrand an der Landesstraße 3009, linker Hand in Richtung Hüttengesäß. Die Einschränkungen für die Jagdpächter und den Erschließungsaufwand hält die Koalition für überschaubar. Das Unterholz müsse geräumt und einfache Wege angelegt sowie einige Ruhebänke aufgestellt werden. Zudem benötige man einen Andachtsplatz, Strom und Wasserzuleitungen seien dagegen nicht nötig. Ein Holzlagerplatz könne zum Parkplatz umfunktioniert werden. Die Anbindung an die Landesstraße stelle kein besonderes Verkehrsrisiko dar.

Die gewerblichen Anbieter, die sich als mögliche Betreiber eines solchen Bestattungswaldes im Ausschuss vorgestellt hätten, hielten das Areal trotz der hügeligen Lage für geeignet. Auch andere Konflikte seien aus deren Erfahrung nicht zu erwarten. „Dieses Thema ist nicht geeignet, um zu streiten oder Ängste bei den Bürgern zu schüren“, sagte Kovacsek. Die Koalition verspreche sich dadurch zudem eine lukrative Einnahmemöglichkeit für die Gemeinde, zumal mit der Holzwirtschaft derzeit kaum Gewinne zu erzielen seien. Eine konkrete Summe konnte Kovacsek auf Nachfrage unserer Zeitung nicht nennen. In anderen Kommunen würden aber hohe fünfstellige Erträge pro Jahr erzielt.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Wilhelm Dietzel ließ sich davon nicht überzeugen. Die Kirchengemeinden hätten zwar keine theologischen Bedenken, würden aber Bestattungen auf den Friedhöfen bevorzugen, zumal dort künftig auch Baumbestattungen möglich sein sollen, wie ebenfalls beschlossen wurde.

Der Flächenbedarf sei zunächst mit 3 bis 5 Hektar für 25 Jahre beziffert worden, im Antrag sei sogar von 10 Hektar die Rede. Mit Blick auf Barrierefreiheit sei das Gebiet aufgrund seiner topografischen Gegebenheiten nicht geeignet.

Vor allem aber sieht Dietzel eine hohe Belastung für Flora und Fauna durch den steigenden Besucherdruck. Für einen wirtschaftlichen Betrieb müssten vier bis fünf Bestattungen pro Woche stattfinden. Hinzu kämen durchschnittlich mindestens zwei Angehörige pro Tag, die ein Grab besuchen wollten, und Führungen der Betreiber für interessierte Kunden.

„Das wäre kein Bestattungswald für die Hammersbacher, sondern für die gesamte Region“, sagte Dietzel angesichts von derzeit insgesamt 25 bis 30 Bestattungen im Jahr in der Gemeinde. „Wir bitten deshalb dringend, davon Abstand zu nehmen.“ Grünen-Fraktionssprecherin Antje Schöny verwies darauf, dass die Koalition das Thema „intensiv durchdrungen“ habe, unter anderem beim Besuch eines ebenfalls hügeligen Friedwalds im Odenwald. Markus Gutjahr (CDU) bekräftigte: „Natürlich ist ein Friedwald nicht für jeden das richtige, es ist eine bewusste Entscheidung. Aber wir wollen den Menschen diese Möglichkeit bieten.“
 jow