Teilweise ein Debakel

CDU/SPD nicht vollzählig – Abstimmungen verloren

Foto: J. Dick

(Bruchköbel/jgd) – Viele Parteienanträge standen diesmal auf der Agenda der Stadtverordnetensitzung vom Dienstag. Parlamentarier und Zuhörer im Saal erlebten eine kräftig vom Bürgermeisterwahlkampf befeuerte Sitzung.

Immerhin sitzen vier der sieben Bürgermeisterkandidaten aktiv im Parlament. Drei weitere sichtete man auf den Zuschauerbänken. Besonders Thomas Sliwka (CDU), Uwe Ringel (Grüne) und Sylvia Braun (FDP) lieferten sich spannende Rededuelle.

Bemerkenswert: Zwei von vier Anträgen der CDU/SPD-Koalition, die im Parlament eigentlich die Mehrheit stellt, kamen dabei gehörig unter die Räder. Die Abstimmungsniederlagen waren zunächst aus rein rechnerischen Gründen selbstverschuldet: Anfangs drei, später noch zwei Sitze der CDU waren leer geblieben. Dazu fehlten noch zwei Leute der SPD-Fraktion – und damit war die Mehrheit der Koalition aus CDU und SPD von Anfang an dahin. Das erwies sich vor allem als Problem für Thomas Sliwka, der sich bei seinen Wahlkampfterminen zwar als „freier“ Kandidat vorstellt, aber zugleich der Fraktionsvorsitzende der CDU ist, und so ein bisschen als „Gesamtsprecher“ der CDU/SPD-Koalition herüberkommt. Insbesondere bei zwei Anträgen, die sehr vermutlich auch zur Aufwertung des CDU-Fraktionsführers in seinem Bürgermeisterwahlkampf gedacht waren, schwächelte die CDU/SPD-“Koa“ gegen die Stimmen von FDP, Grünen und BBB.

Plakatwerbung für Vereine einschränken?

Zum Einen ging es dabei um einen CDU/SPD-Antrag mit dem diffusen Titel „Einheitliche und moderne Bewerbung von Veranstaltungen“. Thomas Sliwka erläuterte die Absicht dahinter: Eine „neue und eindeutige Regelung“ solle in Zukunft bei der Aufstellung von Plakaten und Bannern in der Innenstadt und an den Ortseingängen „dem Anspruch eines ordentlichen Erscheinungsbildes mit hohem Informationswert gerecht werden.“ Weil ja mittlerweile auch über soziale Medien wie Facebook geworben werde, so Sliwka, könne man das Plakatieren im Stadtgebiet per Verordnung einschränken – man könne also eine „grundsätzliche Reduzierung der Aufstellungsorte“ für Werbeplakate und Banner beschließen. Damit werde die Stadt insgesamt sauberer und ordentlicher.

Für Sliwkas Konkurrenten um das Bürgermeisteramt, Sylvia Braun und Uwe Ringel, erwies sich der Antrag der CDU/SPD-Koalition aber als Steilvorlage. Sie, wie auch Alexander Rabold (BBB), zerpflückten ihn nach allen Regeln der Kunst. Ringel und Braun betonten unisono, dass doch damit die Möglichkeiten der städtischen Vereine für ihre Eigenwerbung torpediert würden. Nicht jede Bürgerin, nicht jeder Bürger sei schließlich auf Facebook unterwegs. Die Vereine müssten mit Plakaten und Bannern ohne allzu strikte Regelungen werben dürfen. Auch heute schon gebe es doch dafür bereits Vorgaben des Ordnungsamtes. Auch unterstelle der Antrag den Vereinen, sie würden mit ihren Veranstaltungsplakaten für ihre Flohmärkte, Sportveranstaltungen, Fischer- und Oktoberfeste das Stadtbild verschandeln. Rabold kritisierte darüber hinaus auch das Formale: Sliwka und die CDU/SPD-Koalition wollten anscheinend in die Zuständigkeit des Ordnungsamtes eingreifen, was aber schon grundsätzlich fragwürdig sei. Der Antrag wurde von der knappen Mehrheit aus BBB, Grünen und FDP schließlich in den Orkus geschickt.

Shuttle ins Nichts

Das gleiche Schicksal wurde auch dem CDU/SPD-Antrag mit dem Titel „Busshuttle für Bruchköbel“ zuteil. Diesen hatte zunächst Frank Nohl (SPD) begründet: CDU/SPD wollten einen innerörtlichen Busshuttle zwischen Kernstadt und Stadtteilen einrichten, also einen kleinen Busverkehr zu besonderen Anlässen wie Festveranstaltungen. Auch als Zubringer zum Freitagsmarkt mache das Sinn. Thomas Sliwka betonte dazu, dass man damit Bürgernähe und Bürgerservice praktizieren wolle, und warf auch noch die spontane Idee ins Rund, dafür einen Elektrobus anzuheuern.

Uwe Ringel, Verkehrsexperte der Grünen, kritisierte den Antrag daraufhin grundsätzlich. Er hob hervor, dass die mit der Kreisverkehrsgesellschaft praktizierten Busverbindungen der Stadt, etwa die Linie 33, die Anforderungen der Stadtteilanbindung schon heute erfüllen. Ringel zählte Fahrzeiten an den Abenden und Wochenenden auf, und betonte, dass Bruchköbels Busverbindungen „besser sind als fast im gesamten Landkreis“. Der Antrag von CDU/SPD würde doch bloß dazu führen, dass die Stadt 100.000 Euro im Jahr dafür einsetze, den eigenen Buslinien Passagiere wegzunehmen. Auch Alexander Rabold (BBB) hieb in diese Kerbe: Gerade jetzt, wo man gerade mit der KVG in Verhandlungen über den neuen Bus-Versorgungsvertrag stehe, schwäche so ein Antrag die Verhandlungsposition der Stadt. Es handele sich um einen „Wahlkampfantrag ohne Sachverstand“.

Zwei weiteren Anträgen der CDU/SPD-Koalition konnten die Parlamentarier zustimmen: Der Magistrat wird jetzt ein Konzept erarbeiten, „das Ehrenamt innerhalb der Stadt Bruchköbel nachhaltig zu stärken“. Die Grünen setzten eine Ergänzung durch, die den Ehrenamtlichen bei städtischen Einrichtungen die Tarife von Schülern und Rentnern gewähren soll. Auch dem CDU/SPD-Antrag „Keine Grabsteine aus Kinderarbeit“ stimmte die Versammlung zu. - Ein Antrag des BBB auf Beitritt zur interkommunalen Arbeitsgemeinschaft „Nahmobilität Hessen“ fand Zustimmung. - Politisch wurde es dann wiederum beim Streit um eine Resolution gegen das geplante Landesgesetz „Starke Heimat Hessen“. CDU und Grüne, deren Parteikollegen bekanntlich Hessen regieren, sprachen sich dafür aus. Gewerbesteuergelder, die bisher zur Finanzierung der Einheit verwendet wurden, sollen demnach bald wieder an die Kommunen fließen, allerdings unter Bedingungen. FDP, BBB und SPD erkennen darin eine Gängelung – sie fordern vom Land Hessen, das Geld den Kommunen ohne Bedingungen zu überlassen, da es ja auch dort verdient worden ist. Die Resolution gegen das Gesetz fand jedoch keine Mehrheit.