Vom Glauben und der Eintracht Hausener Kerb: Traditionell und dennoch modern

Bürgermeister Roger Winter (Mitte) hatte am Anstich des ersten Bierfasses entscheidenden Anteil.

Obertshausen (pro) – Der Hausener Kerbborsch geht mal wieder neue Wege. Diesmal ging’s zurück zu den Wurzeln, schnurstracks in die St.-Pius-Kirche, in den Festgottesdienst. Kerb bedeutet schließlich nichts anderes als Kirchweih, und die wird in Hausen traditionell am ersten Wochenende im September gefeiert.

Im Takt des TGS-Blasorchesters marschierten am Samstagnachmittag also Vertreter eines halben Dutzends Vereine durchs schwere Hauptportal in das denkmalgeschützte Gotteshaus, Messdiener mit Fahnen voran, der Pfarrer hinterher. Es war die Idee von Christoph Schneider selbst. Der Seelsorger verdutzte Gemeindemitglieder und Fremde, als er einen Fan-Schal von Eintracht-Frankfurt anlegte. Damit stellte er die Verbindung vom Evangelium zum Bundesliga-Trainer her.

Jesus habe dem Tempel sein Gesicht gegeben, „er diskutiert nicht, er schmeißt Händler und Geldwechsler aus dem Haus seines Vaters“. Auch Kovac positioniere sich klar, praktiziere seinen christlichen Glauben. Pfarrer Schneider forderte die Gläubigen und Kerbbesucher auf, sich ebenso klar und konsequent zu ihren Überzeugungen zu bekennen, „zu Hoffnungsträgern für andere Menschen zu werden“.

Auf seinem Stuhl hockend verfolgte der Kerbborsch die Messe, erstmals den Bierkrug durch ein Gesangbuch in der rechten Hand ersetzt. Er sollte auf Bedeutung und Herkunft der Tradition hinweisen. Seine Begleiter vom Vereinsring beteten in den Fürbitten für Menschen, die Verantwortung in Politik und Vereinen übernommen haben, für Flüchtlinge und ihre Helfer, aber auch für Autofahrer, die in den Staus auf der A 3 stehen.

Die Kerb an der Gumbertseestraße entpuppte sich diesmal als ein kleines Musik-Festival. Im Gottesdienst spielte die Pfarrei-Band Spontan mit hervorragenden Musikern und starken Stimmen, sie verliehen der Feier eine ganz besondere Note. Draußen war noch einmal das Blasorchester dran und leitete den Bieranstich ein, bevor die Dietzenbacher Band Roxone zum Kerbtanz unter freiem Himmel aufforderte. Ihre mitreißenden Interpretationen von Welthits brachten einen weiteren Glanzpunkt vor den beleuchteten Kirchtum – und zahlreiche neue Fans.

Luis Galvez vom Vereinsring begrüßte viel Prominenz ums Freibier-Fass, hieß Bundes- und Landtagsabgeordnete willkommen. Vor allem aber sieben Verein, die seit dem Start die neue Kerb-Tradition mittragen: TGS Hausen, Eventclub Just4Fun, Reservistenkameradschaft, Sängerlust, Zentralverein für Bürowirtschaft und die Kolpingfamilie Hausen. Bürgermeister Roger Winter dankte dem Vereinsring und seinen Aktiven „aus tiefstem Herzen“. Er wisse, wie schwer es sei, Gruppen zusammenzubringen: „Von eurem Engagement können sich manche große Vereine eine Scheibe abschneiden“.

Wenn es bei der einzigen Feier im Jahr auf dem Kirchplatz „mal lauter wird, dann muss eine Stadt das akzeptieren“, sonst würde im Ort gar nichts mehr laufen. Er rief die Einwohner auf, die Angebote zu nutzen und das Fest zu besuchen, „nur so können wir Obertshausen attraktiv halten“.

Die Vereinsleute bereiteten ein leckeres Angebot an Speisen und Getränke im Grünen, Schausteller unterhielten ein kleines Ketten-Karussell, Pfeilwerfen und einen Süßwaren-Wagen.

Vor allem der milde Sommerabend am Samstag füllte die Garnituren auf Kirchplatz und Wiese, doch auch ab Sonntagmittag blieben die Besucher weitgehend von Regen verschont.

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