Erinnerungen an Typisierungsaktion im Jahr 2010 / Merlin (10) und Pflegevater begrüßten Spender am Eingang 1877 Spender kamen zur Typisierungsaktion für Tobias

„Die Datenbanken sind international vernetzt; alle potenziellen Spender stehen allen Patienten weltweit zur Verfügung. Auch wenn man lokal vielleicht nicht helfen konnte, kommen aus jeder Typisierungsaktion Lebensretter hervor. Und auch mit der heutigen Spenderneugewinnung retten wir Leben“, so Bettina Steinbauer, Aktionsleitung für die Spenderneugewinnung der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS). Foto: kama

Hanau (kama) – Der kleine Junge springt am Eingang der großen Halle hin und her und ist vor Energie kaum zu bändigen. Er grinst, lacht und zieht Grimassen. Neben ihm steht in stoischer Ruhe ein hochgewachsener, grauhaariger Mann. Er nickt freundlich und begrüßt jeden Menschen, der in der großen Halle ankommt. Der zehnjährige Merlin und sein Pflegevater Stefan sind ehrenamtliche Helfer in der Hanauer Feuerwehrhauptwache bei der Stammzellensuche für Tobias Peter. Die meisten ankommenden Menschen sehen in dem Duo zwei unterhaltsame Anweiser, unterschätzen aber ihre eigentliche Rolle bei der Suche nach dem richtigen Stammzellenspender für Tobias Peter.

Der 22-jährige Tobias Peter wohnt in Steinheim, arbeitet bei der Deutschen Bahn und ist privat seit Jahren bei der Freiwilligen Feuerwehr Steinheim engagiert. Ende Januar veränderte eine unerwartete Diagnose sein Leben: Blutkrebs. Eine Stammzellspende ist die einzige Überlebenschance. Da die weltweite Suche bisher erfolglos blieb, entschied sich die Steinheimer Feuerwehr gemeinsam mit der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) ebenso lokal nach einem Stammzellenspender für Tobias Peter zu suchen.

In einer fünf Stunden dauernden Aktion erschienen insgesamt 1877 Menschen und ließen sich durch 120 ehrenamtliche Helfer Blut abnehmen und typisieren. Die Durchführung der Veranstaltung unterstützten alle Freiwilligen Feuerwehren der Stadtteile, die Feuerwehr Hanau sowie zahlreiche Vereine und Privatpersonen. „Die Vorbereitung und die professionelle Organisation vor Ort sind hier in Hanau hervorragend. Die Initiativgruppe bestehend aus der Familie und Freunden von Tobias haben außerordentliche Arbeit geleistet“, sagte Aktionsleitung der Spenderneugewinnung der DKMS, Bettina Steinbauer.

Die gesammelten Blutproben transportierte man im Anschluss an die Veranstaltung ins Labor, wo bereits am Folgetag die Untersuchungen eingeleitet wurden. „Bis die letzte Probe der Typisierungsaktion vollständig untersucht ist, vergehen vier Wochen“, so Steinbauer. Obwohl man sich der knappen Ressource Zeit bewusst sei, könne man das Untersuchungsverfahren kaum beschleunigen, da das Entschlüsseln der Gewebemerkmale ein sehr aufwendiges Verfahren sei.

„Da die DKMS nicht nur bundesweit, sonder international täglich mehrere Typisierungsaktionen durchführt, ist die Anzahl der Proben sehr hoch. Wenn man bedenkt, dass monatlich im Durchschnitt 50.000 Proben analysiert werden, liegen die Ergebnisse sogar besonders schnell vor“, erklärt Steinbauer. Die Wahrscheinlichkeit, einen geeigneten Stammzellenspender außerhalb der eigenen Familie zu finden, läge bei 1 zu 20.000; in seltenen genetischen Kombinationen sogar bei 1 zu mehreren Millionen. Doch auch wenn man nicht lokal helfen könne, sei es wichtig zu verstehen, dass mit jeder Typisierungsaktion ein potenzieller Spender mehr gewonnen wird.

„Die Datenbanken der Stammzellenspender sind international vernetzt. Alle potenziellen Spender stehen allen Patienten weltweit zur Verfügung - unabhängig von Alter, Geschlecht oder Region. Aus jeder Typisierungsaktion kommen Lebensretter hervor. Und auch mit der heutigen Spenderneugewinnung wissen wir, dass wir Leben retten“, so Bettina Steinbauer.

2010 hatte man in Hanau eine ähnliche Aktion ins Leben gerufen, bei der man auch lokal nach den richtigen Stammzellen für ein dreijähriges Kind suchte. 1300 Menschen haben sich damals im Congress Park Hanau typisieren lassen. Von 18.000.000 weltweit verfügbaren Spendern waren es nur zwei, die für eine Stammzellenspende für das Kind in Frage kamen. Der tatsächliche Stammzellenspender war eine anonyme Person aus dem belgischen Antwerpen. Dank der Spende ist der heute zehnjährige Junge gesund und konnte am vergangenen Wochenende bei der Typisierungsaktion für Tobias Peter am Eingang der Feuerwehrhauptwache stehen und gemeinsam mit seinem Pflegevater den ankommenden Spendern die freien Plätze anweisen.

„Wir stehen hier am Eingang und begrüßen alle, da wir hier die Möglichkeit sehen etwas zurück zu geben. Die Typisierungsaktion für Merlin hat uns 2010 überwältigt: So viele fremde Menschen, die helfen wollten und uns so viel Kraft gegeben haben. Heute sind wir an der Reihe: Wir wollen Mut machen. Wir wollen zeigen, dass man es tatsächlich schaffen kann“, sagte Pflegevater Stefan, während sein Pflegesohn Merlin durch seine quirlige Lebensfreude den lebenden Beweis dafür lieferte.

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