Den Leser erwartet eine Präsentation von Eisenbahngeschichte, die so vielfältig ist wie die 16 Autoren und die vielen anderen Beteiligten an dem Gemeinschaftswerk auch. Das mit mehr als 300 Bildern illustrierte Buch lässt Platz für nüchterne Daten, Zahlen und Fakten, die in solchen Publikationen freilich nicht fehlen dürfen. Daneben bleibt allerdings auch Raum für Privates und Nettes, das stimmungsvoll von früher erzählt und damit Zeitgeschichte und den Alltag von damals spiegelt. So beschreibt zum Beispiel der Sohn eines Stationsvorstehers blumig seine Kindheit im Bahnhof, der das Zuhause der Familie war.
Zahlreiche Privatpersonen haben auf der Suche nach Material für das hochwertige Buch wahre Schätze zu Tage gefördert, etwa Fotosammlungen mit noch nie veröffentlichten Motiven und weitere, bisher unbekannte Dokumente zur Geschichte der auch für die Offenbacher Lederwarenindustrie so wichtigen Bahn. Betrachter werden daran ihre Freude haben.
Die Grundidee, dass die Schrift kein trockenes Lexikon werden sollte, ist mithin Wirklichkeit geworden. „Von Anfang an war klar, dass die Autoren keine Vorgaben bekommen und auch Stimmungen und lokale Sichtweisen aus 125 Jahren Geschichte der Rodgaubahn wiedergegeben werden sollen“, erläutert Frank Martiny vom Arbeitskreis für Heimatkunde Nieder-Roden die Ausgangslage 2019. So lange liegt der erste Gedanke daran zurück, eine Abhandlung als großes Gemeinschaftsprojekt zu verfassen. Zunächst war nur die Rede von einer bescheidenen Broschüre, begleitet von einem Festwochenende, einer Ausstellung und von Fahrten in historischen Zügen - das alles im Herbst 2021 und damit exakt 125 Jahre, nachdem die Rodgaubahn 1896 als Zug mit acht Personenwagen und einem Salonwagen und vielen Fahrgästen erstmals von Offenbach Richtung Reinheim gedampft war. Doch dann kam Corona. Allen Beteiligten blieb nichts anderes übrig, als die Stoffsammlung, die Sichtung und Katalogisierung des Materials und unzählige Absprachen elektronisch auf den Weg zu schicken. Das Experiment unter erschwerten Bedingungen ist geglückt. Drei Jahre nach der Idee zum Projekt ist das Buch gedruckt und derzeit in der Binderei. Die Präsentation im Oktober kann also kommen.
Von Bernhard Pelka