Podiumsdiskussion mit Vertreter der KV, Politikern und Investor Ärzte sind Rodgauer Dauerthema

Bei der Podiumsdiskussion zur Problematik der Ansiedlung von Ärzten in Rodgau präsentierte Bündnis 90/Die Grünen Zahlen rund um die hausärztliche Versorgung und die zu erwartende Entwicklung in Pflegeberufen. Die Kassenärztliche Vereinigung wurde vertreten durch Dr. Eckhard Starke (am Mikrofon). Foto: Pulwey

Rodgau (pul) – Bündnis 90/Die Grünen luden zur Podiumsdiskussion ein mit dem Titel „Medizinische Versorgung - Gesundheit für alle“. Im Foyer des Bürgerhauses Dudenhofen verfolgten mehrere Dutzend Bürger die Ausführungen der fünf Diskussionsteilnehmer aus Medizin und Politik.

Bernhard Goller ist Mitglied in der Landesarbeitsgemeinschaft der gastgebenden Partei. Zu Beginn präsentierte er Zahlen, die die medizinische Versorgung in Stadt und Region verdeutlichten: Im hausärztlichen Bereich herrscht eine Unterdeckung in Bezug auf die Versorgung der Bevölkerung. Nur 94,47 Prozent sind sichergestellt. Unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklung wird bis 2030 eine größere Versorgungslücke erwartet.

Ein Großteil der Ärzte im Kreis Offenbach ist zwischen 50 und 59 Jahre alt. So stellt sich für viele die Frage der Nachfolge. Auch die Zahl der Altenpfleger wirft Fragen auf. Laut Bernhard Goller werden bis 2030 11.000 bis 12.000 Altenpfleger mehr gebraucht.

In diese Wunde legte auch Sven Korsch (Vorsitzender der Johanniter Unfallhilfe und Pflegedienst) den Finger: „Wir haben zu wenig Personal und zu viele alte Menschen.“ „Wir müssen die Berufe attraktiver machen“, so Korsch weiter, „unter jungen Menschen gilt es als uncool Berufe im Pflegedienst zu ergreifen“.

Arbeit auf mehrere Schultern verteilen

Diskussionsleiter Werner Kremeier stellte die Frage nach den Gründen der ärztlichen Unterversorgung an Dr. med. Eckhard Starke, stellvertretender Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Hessen. Die Zahlen beim Studium sind rückläufig, so Dr. Starke, auch die Gesellschaft verändere sich, junge Menschen wollen mehr Freizeit, Frauen denken an den Kinderwunsch, „um eine Praxis neu zu besetzen, brauchen wir drei Leute, die sich die Praxis teilen“.

Diese Aussage unterstützte Kordula Schulz-Asche, MdB von Bündnis 90/Die Grünen und tätig im Ausschuss für Gesundheit: „Es ist ein strukturelles Problem, für junge Studierende ist der Hausarztberuf uninteressant“.

Bürgermeister Jürgen Hoffmann nannte Zahlen für Rodgau: 21 Hausärzte in zwölf Praxen. Der Bürgermeister sah das „große Problem“ beim Zulassungsausschuss, in dem auch die Kassenärztliche Vereinigung vertreten ist. Laut dem Verwaltungs-chef ist die Stadt nicht existent im Zusammenspiel zwischen Kreis, Land und Kassenärztlicher Vereinigung. Hier erntete der Bürgermeister Applaus für die Forderung zur Zusammenarbeit von allen Seiten und der Forderung an die KV zum Handeln. Dr. Starke ließ sich die Äußerung entlocken, sich der Problematik in Rodgau erneut anzunehmen. Öffentliche Gelder aufzuwenden für die Ansiedlung von Ärzten lehnte der Bürgermeister ab, bot aber Unterstützung für ein Versorgungszentrum in Nieder-Roden an.

Den Vorwurf aus dem Publikum an Uwe Werkmann gerichtet (Projektentwickler), beim abgebrochenen Bau des Medicums in Nieder-Roden ginge es ihm nur um Profit, wies er zurück. Es hat demnach nur ganz wenige Interessenten gegeben. Nun ist ein zweiter Bauabschnitt geplant. Es wird Fläche vorgehalten für ärztliche Nutzung. Eine Demenz-Pflegeeinrichtung soll in das Erdgeschoss des Gebäudes einziehen.