Bürgermedaille der Stadt Rodgau für Willibald Sahm: Mehr als 50 Jahre als Guttempler aktiv Enthaltsamkeit, Brüderlichkeit und Frieden

Mit der Bürgermedaille in Silber würdigt die Stadt Rodgau das jahrzehntelange Engagement von Willibald Sahm bei den Guttemplern. Das Bild: Prochnow

Rodgau – Die hatte weder der Bürgermeister noch sein Vorgänger in der Hand: Fast 20 Jahre ist es her, dass die letzte Bürgermedaille in Silber verliehen wurde. Rathauschefs aus den Partnerstädten, Pfarrerinnen und Pfarrer haben sie erhalten, war zu vernehmen. Am Mittwoch vergangener Woche überreichte Max Breitenbach die Medaille mit Urkunde und Nadel an Willibald Sahm.

Der Guttempler-Orden ist keine Gemeinschaft von Nonnen oder Mönchen, und doch übt er sich in Verzicht. Vor allem die Alkoholsucht hat er im Visier. Willibald Sahm hat mit seiner Ehefrau Edith am 6. Mai 1973 in der Paul-Gerhardt-Gemeinde Offenbach die Gruppe Lauterborn und den Landesverband Hessen der Guttempler in Deutschland (IOGT) mitbegründet. Seit mehr als 50 Jahren vermittelt er Enthaltsamkeit, Brüderlichkeit und Frieden, die Grundsätze des Ordens. Sahm qualifizierte sich, Menschen zu helfen, die durch die Abhängigkeit von Alkohol oder Medikamenten in Not geraten sind. Seine Unterstützung galt auch den mitbetroffenen Angehörigen. Die Zahl derer, die durch ihn „ein Leben in zufriedener Abstinenz“ gefunden haben, lasse sich nicht schätzen, hieß es in der Feierstunde. Seit 1994 trifft sich die Gruppe Lauterborn am Bürgerhaus Weiskirchen. Willibald Sahm war von Anfang an der Hochtempler, der Vorsitzende der Gemeinde. Bis zu seiner Amtsniederlegung Ende 2021 war er der dienstälteste in Hessen.

Er leitete die Sitzungen der Gemeinschaft, nahm an Treffen der Gesprächsgruppe teil, um Hilfesuchenden zur Seite zu stehen, bis sie sich 2018 auflöste. In seiner 48-jährigen Amtszeit stieg die Mitgliederzahl von 10 auf mehr als 50. Die wöchentlichen Treffen werden zurzeit von bis zu 25 Personen besucht. Stadtverordnetenvorsteher Jürgen Kaiser würdigte die „herausragende Leistung“ der ehrenamtlichen Tätigkeit.

Nur 16 Mal wurde die silberne Bürgermedaille vergeben, unterstrich Bürgermeister Breitenbach den Stellenwert der Auszeichnung. Der langjährige Hochtempler erfuhr „keine Siegerehrung im Rampenlicht“, er wollte „mit eigener Erfahrung Menschen helfen, die eine schwere Zeit durchmachen, nicht aufgefangen werden und am Rande der Gesellschaft stehen.“

Vor 50 Jahren sei das Thema Alkoholkrankheit ein Tabu gewesen, sagte der Rathauschef. „Eine Gesellschaft lebt nur von Menschen, die nicht immer nach Geld fragen“, sagte er. Geben sei bereichernd und am Ende des Tages mehr wert, wenn man die Motivation spüre, weiterzumachen.

Sahms Nachfolger Konrad Seib sah die Bürgermedaille auch „als Zeichen der unermüdlichen Anstrengungen, von Hartnäckigkeit und Entschlossenheit.“ Willibald Sahm sei ein Vorbild und zeige, „was durch Hingabe und Leidenschaft erreicht werden kann.“ Seib dankte für „jedes freundliches Wort und die helfende Hand“ Sahms und dessen Bereitschaft, für andere da zu sein.

Der Geehrte setzt sich auch für den Verein „Gemeinsam mit Behinderten“ ein, er fördert die Häuser Emmanuel und die Lebensmittelausgabe „Tante Emma“.

Von Michael Prochnow