Städel zeigt die Ausstellung „Kollwitz“ Frau als zentrales Motiv

Zur Ausstellung „Kollwitz“ im Städel ist ein opulenter Katalog erschienen. Bild: Jeannette Faure

Sachsenhausen (jf) – Käthe Kollwitz lebte von 1867 bis 1945 und ist eine der berühmtesten deutschen Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts. Sie erstritt sich zielstrebig eine anhaltende Karriere. „Diesen deutschen ‚Mythos Kollwitz’ zu beleuchten und das Gesamtwerk dieser bedeutenden Künstlerin der Klassischen Moderne in den Blick zu nehmen, erscheint daher umso zwingender“, äußerte Städel-Direktor Philipp Demandt.

Bei der Schau auf zwei Ebenen im Museum am Sachsenhäuser Mainufer, in der mehr als 100 Arbeiten der Malerin, Grafikerin und Bildhauerin zu sehen sind, konnte das Städel auf die Sammlung von Helmut Goedeckemeyer, dessen beachtliches Kollwitz-Konvolut seit 1964 im Haus ist, zurückgreifen. Bereits unter Städel-Direktor Georg Swarzenski wurden Werke der Künstlerin angekauft.

Die Exposition beginnt mit außergewöhnlichen Selbstbildnissen. In ihren 55 Schaffensjahren hat die Künstlerin sich selbst mehr als 100 Mal porträtiert. Oft stützt ihre Hand ihr Kinn, wirkt sie nachdenklich, gehen Studien ineinander über. „Es ist keine Selbstbespiegelung, sondern Training technischer Möglichkeiten, Erprobung von Ausdrucksformen“, hieß es bei der Pressekonferenz zu Ausstellungseröffnung.

Eine zentrale Rolle im Werk von Käthe Kollwitz nimmt die Frau ein: Die Arbeiterfrau, die Heldin und Anführerin, die Leidende, die ungewollt Schwangere, die Verzweifelte, die Nachdenkliche, die beschützende und die trauernde Mutter. Eindrucksvoll zeigt sich das beispielsweise in der Bronzestatue „Pietà“, die seit 1993 vierfach vergrößert in der Neuen Wache in Berlin steht.

Ihren Ansatz, dass Kunst Zwecke verfolgen muss und nicht dem Credo „l’art pour l’art“ unterliege, realisierte sie in konkreten politischen Aufträgen.

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Plakate gegen den Krieg und gegen das Leid entstanden, schonungslos schilderte sie in ihren Druckgrafiken die Not der Menschen. Das ging Kaiserin Auguste Viktoria 1906 entschieden zu weit. Das Plakat zur „Heimwerkerausstellung“ musste überklebt werden; die darauf abgebildete Frau sah der Majestät zu elend aus.

Schon vorher hatte Käthe Kollwitz mit ihren Zyklen „Ein Weberaufstand“ und „Bauernkrieg“ für Furore gesorgt, sich eine packende Bildsprache in einem langwierigen Prozess erarbeitet.

Als Sohn Peter 18-jährig zwei Monate nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs fiel, erschütterte das die Eltern tief. Jahrelang setzte sich Käthe Kollwitz mit einem Denkmal trauernder Eltern auseinander, das 1932 auf dem belgischen Soldatenfriedhof Roggeveld seinen Platz fand. Ein Jahr später begann mit der Herrschaft der Nazis die Verdrängung der Kunstwerke von Kollwitz aus der Öffentlichkeit.

Nach dem Zweiten Weltkrieg, die Künstlerin starb am 22. April 1945 in Moritzburg bei Dresden, wurde Käthe Kollwitz von beiden deutschen Staaten beansprucht; als „realistisch-revolutionär“ im Osten, als „ethisch-humanistisch“ im Westen. Diese einseitige Betrachtungsweise wirkt bis heute nach. Die Ausstellung im Städel, die bis zum 9. Juni zu sehen ist, will dem etwas entgegensetzen und die Vielfalt dieser Künstlerin zeigen. Ein Digitorial auf staedelmuseum.de ist eine gute Vorbereitung auf den Besuch im Haus am Schaumainkai 63.