Stadt möchte Wand entlang der Lindenstraße mit Hopfen bepflanzen Klimaschutz an der „Klagemauer“

Handabdrücke und die Ratte Ludwig schmücken die Mauer, die Verzierungen verblassen allerdings mit der Zeit. Bild: scho

Dietzenbach – Die Stützmauer entlang der stark befahrenen Lindenstraße gilt als Blickfang für Bürger und diejenigen, die auf Tour durch die Kreisstadt sind. Das im Volksmund „Klagemauer“ genannte Bauwerk steht mit seiner bunten Gestaltung beispielhaft für Bürgerbeteiligung, hat aber auch eine wechselvolle Geschichte der Reinigungsversuche hinter sich. Jetzt könnte es zum Klimaschutz beitragen. Zumindest für einen Teil der Mauer ist eine Begrünung angedacht.

Wie Monika Rühr, Fachbereichsleiterin Bau, im Ausschuss für Städtebau, Verkehr und Umwelt der Stadtverordnetenversammlung mitteilte, soll schnell wachsender Hopfen ein Stück der mittlerweile nicht mehr sehr ansehnlichen Wand im Sinne eines vertikalen Gartens aufwerten. „Damit haben wir ein modernes Gestaltungselement und schaffen einen Ausdruck einer modernen Stadtlandschaft“, sagte Rühr. Zudem verbessere die „harmonische Verbindung von Natur und Urbanität“ die Luftqualität, filtere Schadstoffe und produziere Sauerstoff. So entstehe ein Lebensraum für Insekten und Vögel, der noch dazu für einen gerade in der Altstadt so nötigen lokalen Abkühlungseffekt sorgen könnte.

Allerdings gibt es einen Haken an der Begrünungsidee. „Zumindest ein Teil der Wandflächen muss für die jährliche Inspektion und die Bauwerksprüfung nach der Frostperiode sichtbar sein“, teilte die Fachbereichsleiterin im Ausschuss mit. Entsprechend sei es notwendig, alle gängigen Bepflanzungsvarianten, egal ob kletternd, hängend oder angehängt, vor der Untersuchung zu entfernen oder freizuschneiden.

Doch auch dafür hat sich die Abteilung Bau eine Lösung einfallen lassen. „Wir schlagen vorerst eine Testpflanzung mit Hopfen auf einem zehn Meter langen Stück der Mauer vor“, so Rühr. Das bringe schon viel: „Hopfen ist schnell rankend, wächst etwa acht Meter pro Jahr und kann im Herbst einfach zurückgeschnitten werden, sodass eine Kontrolle des Bauwerks im Frühjahr möglich ist.“ Für den städtischen Haushalt im kommenden Jahr will der Fachbereich folglich die Kosten für die Reinigung und Auffrischung der Malereien vorsehen, samt Versiegelung der Betonflächen.

Eine weitere Fläche zur Wandbegrünung haben Rühr und ihr Team am Capitol ausgemacht. Auch dort sei ein Platz für eine „Green-Tech-Lösung“ geeignet. Vorgehängte Pflanzkästen samt einem Bewässerungssystem sollen für einen vertikalen Miniaturgarten sorgen. „Das ist ein attraktiver Standort, der von vielen Bürgern wahrgenommen wird“, sagte Rühr. Auch dabei muss Geld aus dem nächsten Etat kommen, zu rechnen sei mit rund 30 000 Euro plus 3 200 Euro Betriebskosten pro Jahr.

An der „Klagemauer“, die jetzt dem Hopfengewächs eine Heimat geben soll, hatten ursprünglich drei Aktionen dafür gesorgt, dass aus der einst grauen Wand ein buntes Kunstwerk wurde. Den Anfang machten die Dietzenbacher Pfadfinder, die im Jahr 2004 bei einer 72-Stunden-Aktion den östlichen Teil an der Lindenstraße mit Motiven der Elemente Feuer, Wasser, Erde und Luft verzierten. Zwei Jahre später malte die damalige Dietzenbacherin Katja Keim gemeinsam mit zahlreichen Unterstützern den schönsten Alltag auf die Mauer, es entstanden Schmetterlinge, Blumen und Enten, auch ein Flugzeug, ein Heißluftballon und ein Hubschrauber. Dazu kamen Bildnisse vom Aussichtsturm und der Christuskirche, auch Uschi Heusels Ratte Ludwig samt Familie ist zu sehen. Kurz darauf verewigten sich 1 714 Dietzenbacher und Besucher mit ihren Händen auf dem Bauwerk. Unterdessen gab es mehrere Reinigungsaktionen, manchmal auch nur an Teilstücken, allerdings verblassen die einst strahlenden Farben inzwischen wieder.

Von Barbara Scholze