Erzählcafé auf dem Hofgut Neuhof mit Geschichten von der Flucht „Es war schrecklich und ich hatte große Angst“

Im Erzählcafé berichteten junge Leute von ihrer Flucht, ihren Hoffnungen und ihren Träumen. Sie dankten den Menschen, die sie hier so gut aufgenommen haben. Foto: col

Dreieich (col) – Wie kam es eigentlich zur Flucht? Was haben Menschen auf dem beschwerlichen Weg nach Deutschland erlebt? Und wie richten sie sich ihr neues Leben in Deutschland ein? Diese und noch viel mehr Fragen beantworteten jüngst Flüchtlinge aus Dreieich und Neu-Isenburg auf dem Hofgut Neuhof.

Zum Welttag der Flüchtlinge hatte der Kreis Offenbach zu Gesprächen und Begegnungen eingeladen. Kaffee und Kuchen und ein Erzählcafé gab es im so gemütlichen Hofgut Neuhof.

Moderatorin Paola Fabbri Lipsch hatte in reichlich lauschiger Atmosphäre – statt der erwarteten 60 bis 80 Besucher waren 150 gekommen – die jungen Menschen zu Gast.

Sie erzählten von ihrer Lebensgeschichte, der Flucht und auch von ihren Zielen und Träumen für die Zukunft.

In der ersten Runden kamen mit Farzad aus Afghanistan, Tarek aus Syrien und Adeela aus Pakistan drei unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge zu Wort. Alle drei berichteten, dass es keinesfalls ihre eigene Entscheidung war, ihr Heimatland zu verlassen und ein besseres Leben in Deutschland zu suchen. Es waren die Eltern, die ihre Kinder wegschickten, mit der Hoffnung, sie vor Krieg, Tod und einer chancenlosen Zukunft zu schützen. „Ich war nicht einverstanden mit dieser Entscheidung. Nach einem Jahr in England, bin ich die Reise nach Deutschland in einem Lkw voller Männer und Jungs angetreten. Ich hatte wohl noch nie so viel Angst in meinem Leben“, berichtete Adeela. Heute, sagt sie, ist sie nicht mehr das gleiche Mädchen. Ihre Eltern in Pakistan drängen sie zu heiraten, alleine werde sie den schweren Weg nicht schaffen. „Ich werde es ihnen beweisen“, sagte Adeela und erntete für ihre Aussage viel Applaus, für ihren Mut und ihre Zielstrebigkeit.

Die 20-Jährige hat den Realschulabschluss bereits in der Tasche und beginnt im Sommer die Ausbildung zur Sozialassistentin und strebt ein Studium an.

Tarek aus Syrien verglich das einst so schöne und lebendige und heute nur noch traurige Damaskus, in dem es kein Lachen, nur noch Tod und Waffengewalt gebe, mit einer kranken Mutter.

„Mit Deutschland habe ich eine Großmutter gefunden, die mir eine Zukunft gibt.“

Farzad berichtete von seiner beschwerlichen Flucht. Über den Irak, in die Türkei, mit dem Schiff nach Griechenland und dann über die Balkanroute nach Deutschland. „Es war schrecklich und ich hatte große Angst.“ Jetzt hat der 17-Jährige große Träume: „Ich möchte gerne Architekt werden. Ich weiß, dass wird schwer. Aber ich muss doch Träume haben, oder?“

Eyad Haj Eissa, ein 25 Jahre alter Syrer, der seit Oktober 2015 in Deutschland lebt, hat die Besucher des Erzählcafés dann besonders berührt. „Ich möchte danken dafür, dass Sie uns so aufgenommen haben, wie wir sind, mit all dem Leid, das wir mitgebracht haben, mit der großen Last, die wir aus den Ruinen und den Auswirkungen dieses furchtbaren Krieges in Syrien mitgebracht haben. Jeder von uns kam mit seiner eigenen tragischen Geschichte hierher, mit seinen eigenen Sorgen und mit seinen eigenen Hoffnungen auf ein besseres Leben – überhaupt auf ein Leben. Es ist wunderbar, hier zu sein, wir können es immer noch kaum glauben.“

Er habe für seine Gedanken, seinen Glauben offene Ohren und offene Herzen gefunden. „Menschen vor dem Krieg zu retten, wie Sie es tun, ist ein Wunder an Menschlichkeit“, bedankte er sich und betonte, dass er hoffe, diese wunderbaren Erfahrungen, die er in den vergangenen Monaten gemacht habe, eines Tages zurück geben zu können.