Das Ambiente der ehemaligen Druckerei ist bedrückend - und gleichzeitig passend. Eine Fotoausstellung zeigt Bilder von einem Land und seinen Menschen aus einer anderen Perspektive als wir sie normalerweise kennen.
Der erste Auszug ist noch eine Erinnerung ihrer Kindheit in Kabul. Erzählungen von ihrer geliebten Oma, die nie müde wurde, ihren Enkeln Geschichten zu erzählen. „Mit ihr reisten wir in Gedanken weit weg in ferne Länder“, schwärmet Qani.
Weniger schön ist dann die Erinnerung an ihre Flucht. Noch heute - 36 Jahre danach - bekommt Qanis Stimme einen emotionalen Klang, wenn sie davon spricht. Damit niemand merkte, dass sie ein junges Mädchen aus der Hauptstadt war, habe sie während der beschwerlichen Reise mit niemanden aus der Gruppe sprechen dürfen.
Nächste Prüfung wartet an der Grenze
„An der Grenze zu Pakistan wartete die nächste Prüfung auf mich“, erzählte sie. „Ich wäre den Grenzposten sofort aufgefallen, deshalb musste ich mich in einem Laster unter der Schmuggelware verstecken.“ Ein Schmuggel in der Schmuggelware also. „Schließlich lag ich auf der Ladefläche unter unzählbaren Zigarettenpackungen und durfte mich weder bewegen, noch einen Mucks von mir geben.“
Es war ein bunt gemischtes Publikum, das zur Lesung erschienen war. Jung, alt, mit Kopftuch oder ohne. Alle waren sichtlich berührt. „Das ist so bewegend“, meinte etwa Josefine Busse. „Und es stimmt einen nachdenklich.“
Der Alptraum wandelte sich für Nadia Qani zum Glück doch in das Leben in Deutschland, von dem sie geträumt hatte. Auch, wenn der Anfang alles andere als einfach war.
„Die Rettung waren meine ersten Nachbarn in Frankfurt, die mir mit einer derartigen Warmherzigkeit und Hilfsbereitschaft begegneten, die mich heute noch strahlen lassen“, erinnerte sie sich. „Sie griffen mir wie selbstverständlich unter die Arme, halfen mir bei meinem Deutsch und so bauten wir ein Vertrauen zueinander auf. Das ist heute noch meine Motivation, mich für die hier neu angekommenen Menschen einzusetzen.“
Thema Integration bereitet vielen Sorgen
Das Thema Integration ist es auch, das vielen Sorgen bereitet.
„Wir schaffen das!“, dieser Satz von Angela Merkel schwebt über uns. Aber, können die Flüchtlinge das schaffen? „Es ist immer die Frage, was wir erwarten“, brachte es Bürgermeister Halil Öztas auf den Punkt, „wollen wir eine programmierte Maschine, die so läuft, wie wir es vorgeben oder möchten wir einen Mensch mit Ecken und Kanten? Einen Menschen, der es schafft, sich anzupassen, aber trotzdem seine Identität bewahrt.“ Denn eins sei sicher: Nur wenn beide Seiten aufeinander zuggingen könne Integration gelingen.
„Gegen Vorurteile helfen Begegnungen“, schloss Bürgermeister Öztas und sprach damit wichtige Worte aus. „Wie soll man sich ein Bild von „diesen Flüchtlingen“ machen, wenn man immer nur nackte Zahlen hört oder ein paar Bilder in den Nachrichten sieht? Der Mensch ist das, was zählt“.