Ehepaar Seibel muss Sohn trotz Vollzeitarbeit Zuhause betreuen Kein Platz im Hort

Da Juliane und Jörg Seibel beide Vollzeit arbeiten, müsste ihr Sohn Quinn (2.v.r) eigentlich in Schule oder Hort betreut werden.

Heusenstamm – Juliane und Jörg Seibel sind verzweifelt. Die Eltern des vierjährigen Dario und des siebenjährigen Quinn haben für das laufende Schuljahr keinen Betreuungsplatz für ihren Ältesten bekommen. Als Vollzeitbeschäftigte kann das Ehepaar ihren Sohn allerdings nicht betreuen, wenn dieser aus der Schule kommt. Von der Stadt fühlen sich die Seibels alleingelassen.

Juliane Seibel ist mit den Nerven am Ende. „Wir gehen auf dem Zahnfleisch“, sagt sie. Zwar können die technische Produkteeinkäuferin und der Bankangestellte jeweils tageweise von Zuhause aus arbeiten, gleichzeitig ihren Sohn zu betreuen, wenn dieser um 11.30 Uhr aus der Otto-Hahn-Schule nach Hause kommt, ist aber nicht möglich. „Ich habe täglich mehrere Meetings, da kann ich nicht mit meinem Kind drin sitzen“, sagt Mutter Juliane. Ihr Sohn müsse sich währenddessen alleine beschäftigen. Die Arbeitszeit zu reduzieren sei für beide ebenfalls nicht möglich. Die Situation wirke sich inzwischen auf ihre Arbeit aus, berichtet Juliane Seibel. „Meine Gedanken kreisen den ganzen Tag darum, wie ich meinen Sohn betreuen kann.“

Auch ihren Mann Jörg belastet die Situation. Besonders verärgert ist er darüber, dass andere Eltern, die nicht Vollzeit arbeiten, einen Betreuungsplatz bekommen haben. „Sie fragen uns dann, wie es möglich ist, dass sie einen haben und wir nicht.“ Das Ehepaar habe alle Fristen eingehalten und sei von der Stadt informiert worden, dass der Antrag angekommen sei. „Dort hieß es, wir sollten uns keine Sorgen machen, wir würden alle Kriterien für einen Betreuungsplatz erfüllen.“ Einen Platz hat ihr Sohn aber dennoch nicht bekommen, weder bei der Betreuung in der Otto-Hahn-Schule noch im Hort Kinderburg.

Quinn leide ebenfalls unter dem fehlenden Betreuungsangebot, sagt Jörg Seibel. „Unser Sohn braucht die Kontakte zu anderen Kindern.“ Er fragt sich, wie er seinem Sohn erklären soll, dass seine Freunde nach der Schule gemeinsam in den Hort gehen und nur er nach Hause muss. Quinn fühle sich deshalb zunehmend ausgegrenzt, sagt Mutter Juliane. Dass die Betreuungsplätze im Hort begrenzt sind, sei ihnen bekannt, versichert das Ehepaar. Aus diesem Grund – und wegen der Corona-Pandemie – habe es sich entschieden, ihren Sohn ein Jahr später als üblich einzuschulen. „Die Stadt hat uns damals gesagt, dass wir für das Schuljahr 2021/22 auf keinen Fall einen Platz bekommen würden“, erinnert sich Jörg Seibel. „Für dieses Schuljahr seien die Chancen größer“. Doch auch jetzt ist kein Platz für Quinn frei.

Von der Stadt erwartet das Paar mehr Transparenz. Bürgermeister Steffen Ball äußert dazu: „Wir haben die Eltern bereits in den Osterferien darüber informiert, ob sie einen Platz bekommen.“ Dass das Ehepaar Seibel trotz Vollzeitstelle keinen Betreuungsplatz bekommen hat, begründet der Rathauschef mit der gestiegenen Anfrage: „Wir haben in diesem Jahr extrem viele Eltern, bei denen die Kriterien, nach denen die Plätze vergeben werden, gleich sind.“

Er wisse, wie schwierig die Situation sei. Daher führe er seit Sommer mit einer Elterninitiative Gespräche, wie sich die Betreuungssituation in der Schlossstadt verbessern lasse. Dabei sei auch die Vergabe der Plätze ein Thema gewesen. „Wir arbeiten daran, die Vergabekriterien transparenter zu machen“, sagt er. So wolle die Stadt diese detailliert in einer neuen Satzung erklären. Auch über eine längere Anmeldefrist denke man nach. Zudem hofft die Stadt, dass sich die Situation mit der Erweiterung der Kinderburg etwas entschärft. Diese soll nach den Herbstferien abgeschlossen sein.

Familie Seibel blickt indes mit Sorge in die Zukunft. Als letzte Lösung bleibe ihnen wohl nur ein Umzug, um vielleicht in einer anderen Stadt einen Betreuungsplatz zu bekommen.

Von Joshua Bär