Schaufensterausstellung „200 Jahre Datenverarbeitung“ Als Computer Räume füllten

Historie der Technik: Angelika Loewenheim und Bruno Schmück vor dem neu gestalteten Schaufenster des Geschichtsvereins an der Offenbacher Straße. Foto: man

Mühlheim – Vor 30 Jahren stand in den wenigsten Haushalten ein Computer und ein Monitor auf dem Tisch. Heute sind Laptop und Smartphone aus dem Alltag kaum wegzudenken. Die Schaufensterausstellung „200 Jahre Datenverarbeitung“ in der Dependance des Geschichtsvereins an der Offenbacher Straße erinnert an den Beginn der Entwicklung.

Die Initiatorin und Gestalterin Angelika Loewenheim setzt im östlichen der beiden Schaufenster noch viel früher ein. Ihr historischer Ablauf beginnt mit der Keilschrift vor mehr als 3000 Jahren in Mesopotamien. Durch die Frühform der Buchstaben ließen sich zum ersten Mal Daten konservieren. Ansonsten handelt dieser Ausstellungsteil von der Rolle der Klöster. Bis zur Erfindung des Buchdrucks im 15. Jahrhundert schrieben Mönche jedes Buch mit der eigenen Hand. Im Schaufenster hängt etwa ein Auszug des Nibelungenlieds aus dem 13. Jahrhundert.

Im westlichen Schaufenster gestaltet sich die Welt moderner, dort kommt Bruno Schmück ins Spiel. Der Ingenieur mit Faible für historische Technik spricht über die Lockkartenzählmaschine 011 von IBM, die sich zwischen den 1920er und 50er-Jahren nicht sonderlich verändert hat und auf dem Konstrukt des US-Amerikaners Herman Hollerith beruht.

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Statistische Daten ließen sich mit dessen Erfindung systematisieren, die 1888 im US-Kriegsministerium zum ersten Mal zum Einsatz kam, als es um die Massenerfassung medizinischer Daten ging. Ludwig Neunobel, Vize-Vorsitzender des Geschichtsvereins und früherer Angestellter bei IBM, stellte einen historischen Computerdemoteilekoffer der Firma zur Verfügung. Angelika Loewenheim, die als Journalistin einst Kundenzeitschriften für Computerfirmen schrieb und später für Fachzeitschriften des Metiers arbeitete, erzählt von den ersten Anfängen des Computers, die auf den Arbeiten von Charles Babbage beruhen. Der englische Mathematiker stellte 1822 eine „Analytische Maschine“ vor, den Entwurf einer mechanischen Rechenmaschine. Beruflich lernte Loewenheim Grace Hopper kennen, ein Name, der es unter Informatikern klingeln lässt. Die 1906 in New York geborene Mathematikerin und Physikerin und Admiralin der US-Marine entwickelte in den 50er Jahren federführend eine Programmiersprache namens COBOL. „Damals füllte ein Computer einen ganzen Raum aus, dessen Leistung ein Hunderttausendstel von einem simplen Laptop brachte“, vergleicht Loewenheim.

Ansehnlich wirkt die Ästhetik der Mignon-Schreibmaschine aus dem Jahr 1905, die einst in der Brückenmühle stand. Bruno Schmück hatte sie für den Geschichtsverein aufwendig restauriert. Aus dem Fundus des 69-Jährigen stammt auch der „Monroe Highspeed-Calculator L 160“ mit seinen 80 Knöpfen. Schmück erinnert sich noch, wie Ingenieure damit Rechenergebnisse von Computern noch einmal überprüften. Loewenheim, die zeitintensiv mit Sinn für Stil die Schaufenster dekorierte, gehörte Anfang der 80er Jahre zu den ersten, die einen eigenen Computer besaßen, dessen Abschreibungskosten bei der Steuererklärung noch ganz anders ins Gewicht fielen als heute. Loewenheim bedauert, „dass wir keinen Commodore-Monitor für die Ausstellung auftreiben konnten“. Vielleicht erinnert sich noch jemand an ein Exemplar im Keller.

VON STEFAN MANGOLD