Waldführung im Mühlheimer Forst Fachmann sieht den Zustand im Wald kritisch

Mühlheim hatte beim Sturm am 18. August Glück. Gut geht es dem Wald dennoch nicht, sagt Michael Löber (rechts) vom Forstamt Langen. Foto: man

Mühlheim (man) – Kaum jemandem käme das von selbst in den Sinn, was Michael Löber hinter Lämmerspiel für den Mühlheimer Wald feststellt, „das ist ein Ort der Glückseligkeit“. Der Mann versteht das relativ. Beim Sturm am 18. August blies der Wind im Kreis Offenbach nach der Schätzung des stellvertretenden Leiters des Forstamts Langen „zwischen 50.000 und 80.000 Festmeter Holz ab“. Betroffen sind vor allem Bäume um Langen, Dietzenbach, Jügesheim und Froschhausen. Auf dem Mühlheimer Gebiet blieb im Vergleich jedes Blatt auf dem Baum. Nirgendwo krachte das Gehölz.

Das bedeute aber mitnichten, dass es dem Wald gut geht, betont Löber beim Rundgang am Samstagmorgen mit Bürgermeister Daniel Tybussek.

Zu dem hatte Stadtverordnetenvorsteher Harald Winter im Kontext des Waldwirtschaftsplanes 2020 Vertreter der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, des Umweltstammtischs, des Naturschutzbunds, der Naturfreunde, des Verkehrs- und Verschönerungsvereins sowie des Vereins Zugpferd eingeladen.

Ein Vorteil von Mitteleuropa liegt ein seinem gemäßigten Klima. Die meist verregneten Sommer sorgen hierzulande zwar für weit weniger gut Laune als in italienischen Gefilden, dafür brauchten sich die Landwirte zumindest in der Vergangenheit nicht groß vor Missernten und die Hausbesitzer vor abgedeckten Dächern zu fürchten. Momentan herrscht aber die Angst, dass die Naturwissenschaftler recht haben könnten, die schon in den 70er Jahren von den Grenzen des Wachstums sprachen und vor Klimawandel und Verwüstung warnten, wenn die Menschheit immer mehr Kohle und Öl verbrenne und Wälder abholze.

An einer Stelle zeigt Löber nach oben in die braunen Kronen toter Kiefern, „so sehen im Kreis zwischen zehn und zwanzig Prozent aus“. Dafür sorgt der Diplodia-Pilz, der das Triebsterben der Kiefer verursacht. Auch vielen Buchen und Eichen gehe es schlecht. Löber blickt auf den Winter 2017/18 zurück, als bis in den April auf den Äckern und in den Wäldern das Wasser stand, „mit unseren Maschinen kamen wir da nicht mehr durch“. Für die Bäume sei es im Prinzip kein Problem, ein paar Tage im Nass zu stehen. Ziehe sich die Phase in die Länge, faulten die dünnen, feinen Wurzeln vieler Bäume jedoch ab. Die fehlten dann im Sommer 2018, als sich die Trockenperiode nicht nur über den heißen Sommer erstreckte. Auch im anschließenden Winter regnete es kaum.

Der Waldboden in diesem Jahr sei relativ feucht. Ab einer Tiefe von 30 Zentimetern beginne jedoch eine Schicht, die zu trocken sei, um Wasser überhaupt speichern zu können, „ein weiterer regenloser Winter wäre eine Katastrophe für den Wald“.

Löber zeigt auf junge Buchen im Unterholz, an denen vertrocknete Blätter hängen. Aller Wahrscheinlichkeit blieben die kleinen Bäume im nächsten Jahr kahl.

Der Förster gibt den kleinen Eichen, die unter den großen wachsen, überhaupt keine Chance auf ein Überleben, „die haben es hier zu dunkel“. Die Eichen stünden an der Stelle zu dicht nebeneinander, worauf schon die Äste am Stamm hindeuteten, „die bei Eichen nur wachsen, wenn die Krone zu wenig Blätter produzieren kann“. Generell sieht Löber in der „Naturverjüngung“ aber eine praktikable Lösung. In Nordhessen seien ganze Waldstriche abrasiert. Überall fehle es zur schnellen Wiederaufforstung an Setzlingen.

Was den Waldwirtschaftsplan 2020 betrifft, fragt Tybussek an, ob die Stadt überhaupt Firmen zu annehmbaren Preisen ordern könne, um Waldarbeiten ausführen zu lassen. Schließlich hätten die entsprechenden Unternehmen nach dem Sturm viel zu tun. Löber erklärt, ganz so mau sähe es nicht aus, denn es herrsche ein Einschlagstopp für Frischholz an Buchen und Eichen. Für den Zustand der Wälder im Kreis Offenbach resümiert der Fachmann, „im Moment kommt alles zusammen, was man nicht braucht“.