Pandemie und Mitgliederschwund machen Kaninchenzuchtverein zu schaffen Finanziell mit dem Rücken zur Wand

Neue Gesichter sind willkommen: Klaus Mahl, Vorsitzender der Dietesheimer Kaninchenzüchter, würde sich über mehr Mitglieder im Verein freuen. Foto: m

Mühlheim – Sie sind „schaufertig gebürstet“ und warten auf Preisrichter. Der Wirt hat Pils und Würstchen kaltgestellt, doch die Gäste fehlen. Auch dem Kaninchenzuchtverein (KZV) H25 schmerzen die Absagen und Einschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie. Reinhold Winter, seit mehr als 20 Jahren Schriftführer der Gemeinschaft, schildert die Situation der acht aktiven Züchter im Verein, der 45 Mitglieder – darunter vier Jugendliche – zählt. „Wir haben praktisch seit zwei Jahren keine Einnahmen mehr“, konkretisiert das Vorstandsmitglied. „Sommerfest, Oktoberfest zur Lokalschau, Veranstaltungen – alles abgesagt, wir stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand.“ Der H25 hätte zum Jahreswechsel zusammen mit dem H295 Mühlheim gemeinsam Tiere ausgestellt, an der offenen Schau hätten sich auch Bürgeler und Bieberer Zuchtfreunde beteiligt, etwa 50 Tiere gezeigt.

Früher hätten drei eigenständige Verbände Kreisschauen ausgerichtet. Bereits vor zwei Jahren haben sich ihre Vertreter in Dietesheim getroffen und den Zusammenschluss besiegelt. Er betrifft die Gruppe Maintal, sie einte den westlichen Kreis Offenbach mit den Städten an Main und Rodau, den Offenbacher Verband, der bis Neu-Isenburg reichte und zu der auch die Mühlheimer Vereinigung gehörte, sowie Hanau und Umgebung. Der neue Verband heißt Main-Kinzig, betreut rund 750 Züchter in 40 Vereinen.

„Viele Züchter sind nicht mehr aktiv oder leben nicht mehr, das Interesse hat gewaltig nachgelassen“, resümiert der Dietesheimer Vorsitzende Klaus Mahl. Der Landesverband Hessen-Nassau reiche von Limburg bis in den Odenwald, von Alzenau bis an den Rhein und hatte vor zehn Jahren noch rund 12 000 Mitglieder. Jetzt sind es 2000 weniger, 17 Vereine haben sich abgemeldet. Jedes Jahr verbuche der Zentralverband Deutscher Rassekaninchen-Züchter (ZDRK) drei bis vier Prozent Rückgang auf seinem Feld.

„Wir brauchen die Schauen, die Bewertung der Tiere“, plädiert Winter. „Der Wettbewerb ist für Jung- wie für Alttiere wichtig, damit die Züchter wissen, womit sie weiterarbeiten oder ob sie einen Neustart wagen sollen“, erläutert er. „Früher standen 200 Tiere auf einer Schau, heute kann fast kein Verein mehr eine Ausstellung alleine schultern.“ Daher komme der Trend zu offenen Schauen, „aber auch die Räume sind mittlerweile sehr teuer“, klagt der Aktive.

Denn ohne Schau ist es wie Unterricht ohne Klassenarbeit. Die ausgewiesenen „Lehrer“ haben einen geübten Blick für Körperform und -bau, Gewicht und die spezifischen Rassenmerkmale wie Fellzeichnung, Formen von Kopf und Ohren, aber auch für den Pflegezustand: Sind die Pfoten sauber, die Krallen geschnitten, liegt das Fellhaar ideal – das alles bewerten die Preisrichter.

Beim H25 feiern keine geschlossenen Gesellschaften mehr, „wir leben allein vom Frühschoppen“, informiert Mahl. Mit den Einnahmen können sie kaum Strom, Gas, Wasser und Kanal sowie die Versicherungen finanzieren. Von den fünf Zuchtanlagen auf dem Gelände sei eine frei. Der Vorsitzende lädt Interessierte ein, sonntags zwischen 10 und 13 Uhr vorbeizukommen oder zur Züchterversammlung am ersten Donnerstag eines Monats von 19 bis 22 Uhr.
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