Mühlheimer schildern beim SPD-Rundgang die alarmierenden Zustände an der Bahnhofstraße „Müll und Lärm die ganze Nacht hindurch“

Rund 60 besorgte Mühlheimer Bürger versammelten sich beim SPD-Rundgang in der Bahnhofstraße, um gemeinsam die bestehenden Probleme anzusprechen. Foto: m

Mühlheim (m) – „Erstmals sah ich mich veranlasst, gegen 3 Uhr morgens die Polizei wegen nächtlicher Ruhestörung anzurufen.“ Dieter Höhn ist kein Spielverderber. Doch die Geschehnisse rund um sein Elternhaus in der Bahnhofstraße, einem Hotel mit Restaurant an der Ecke Heinestraße, ließen den ehemaligen Sportredakteur zur „Ferienfraktion“ der SPD auf die Straße gehen. Dort verlas er bei dem Treffen mit den Kommunalpolitikern einen Aufruf.

Rund 50 Einzelhändler und Nachbarn unterstützten den Anwohner und ergänzten Höhns Schilderungen. „Müll und Lärm die ganze Nacht hindurch“, klagte die Runde. „Ich habe viele Wirte in den Räumen kommen und gehen gesehen, nie gab es Probleme.“ Doch das angeprangerte Internetcafé habe rund um die Uhr geöffnet. Nachts um 2 Uhr gebe es noch Bier und „bei der engen Straße und den hohen Häusern hört man jedes Wort bis in die dritte Etage“, so der 70-Jährige.

„Dieser Krach ist für den Hotelbetrieb extrem geschäftsschädigend, von Dreck und zerschlagenen Flaschen auf den Straßen ganz zu schweigen.“ Und es blieb nicht bei diesen Störungen. „Vor zwei Wochen wurde das Heckfenster meines Autos eingeschlagen. Schaden: 1.400 Euro!“ Auf der Motorhaube des Autos seines Restaurant-Pächters seien Jugendliche herumgetrampelt.

Dazu präsentierte der Redakteur mit einer Handy-Aufnahme die Geräuschkulisse alkoholisierter Gäste aus dem erwähnten Laden – Samstagfrüh um 4.15 Uhr! „Der Betreiber schreitet nicht ein, er ist weder telefonisch noch per E-Mail zu erreichen.“ Der Sprecher registrierte eine „leere Speisekarte“, Schüler an Spielautomaten, Luxuskarrossen mit laufenden Motoren und quietschenden Reifen vor dem Haus. Höhn: „Vielleicht haben sie nur einen Espresso getrunken. Eher könnte man aber Drogen- oder Geldwäsche-Geschäfte vermuten.

Fakt ist offenbar, dass die Bahnhofstraße immer öfter als nächtliche Rennstrecke genutzt wird“, klagte der Anwohner. „Sie spucken an die Scheiben, pinkeln in die Eingänge“, ergänzte Anne Coy die Beobachtungen. „Meine Mitarbeiterin räumt Getränkedosen, Kaugummis und Hamburger-Verpackung weg“, klagte die Inhaberin des gleichnamigen Schuh-Fachgeschäfts.

Margarete Rykarski betreibt seit 19 Jahren nebenan ein Kosmetikstudio und berichtete von jungen Leuten, die während Behandlungen ans Fenster klopfen. „Die Verschmutzung hat seit dem Wechsel des Inhabers des Internet-Cafés vor drei Jahren extrem zugenommen“, bemerkte sie, „das läuft aus dem Ruder“. Eine weitere Dame aus der Runde vermutete, dass die Jugendlichen keine Möglichkeiten hätten, sich zu treffen: „Nach dem Juz kommt nichts mehr“. Donnerstags, freitags und samstags sei in der Straße „die Hölle los“.

Bürgermeister Daniel Tybussek erläuterte die Grundlage: Die Innenstadt sei als „Kernbereich“ ausgewiesen, damit sich eine breite Vielfalt von Geschäften ansiedelt und bleibt. Darunter können sich aber auch „schwarze Schafe“ befinden. Der Rathauschef riet den Anwohnern nicht zu resignieren und auch nächstes Mal die Polizei zu alarmieren. Die geschilderten Zustände seien nicht tragbar, „wir werden noch einen langen Atem brauchen“, erklärte Tybussek offen. Die Polizei werde ihre Präsenz erhöhen, weitere Maßnahmen seien erarbeitet, kündigte er an.

Fast 20 Teilnehmer an der Ferienaktion begutachteten zuvor den Bahnhof, in dem ein Privatinvestor erfolgreich ein ansprechendes Café betreibe. Auf der Fläche des früheren Bahnübergangs könne nun der Bau eines mehrgeschossigen Wohngebäudes beginnen. Gebaut werden soll ab Herbst auch im Bürgerpark. Durch den Spielplatz mit Hügelland soll dann kein Weg mehr führen. Am Jugendzentrum können Besucher sich entspannen, daneben „kicken und gucken“, auf dem westlichen Areal sich „natürlich erholen“.

Das Gelände soll Ökologie und kulturelle Veranstaltungen vereinen, der Baumbestand erhalten, neue Spielgeräte installiert werden. 700.000 Euro seien dafür in den städtischen Haushalt eingestellt. Für Skater gebe es keine Nachfrage mehr, jedoch für Basketball, Boule und Kalistenix-Fitnessgeräte. An der Südwest-Seite des Hallenbades soll ein Kiosk entstehen, der nach innen wie nach außen verkaufen könne. 2010 wurden mehr als 1.000 Unterschriften für eine Umgestaltung der Offenbacher Straße gesammelt. Seit einem Jahr sei der Versuch der Einspurigkeit beendet, informierte der Bürgermeister. Jetzt warte man auf die Entscheidung aus Berlin, ob Radwege, breite Bürgersteige und Begrünung wie von der Parlamentsmehrheit gewünscht verwirklicht werden können.